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Samstag, 20.05.2006 | von: mw

"De Zes Uren van de Haarlemmermeer" am 20.05.2006

"De Zes Uren van de Haarlemmermeer" sind ein 6-Stunden-Lauf, der für Sololäufer/innen und Staffeln (in Niederländisch "Estafetten") ausgeschrieben ist. Veranstaltungsgelände ist das "Paswerk" in Cruquius. Cruquius ist einer von zahlreichen Orten, die sich zur Großgemeinde Haarlemmermeer zusammengeschlossen haben. Größter Ort der "Gemeente Haarlemmermeer" ist Hoofddorp. Cruquius selbst liegt ca. 6 km östlich von der sehenswerten historischen Stadt Haarlem entfernt. Das "Paswerk" ist ein von einer kasernenähnlichen Umzäunung und einem Wassergraben umgebenes riesiges Areal. In diesem liegen in aufgelockerter Bebauung zahlreiche fast ausschließlich in Flachbauweise errichtete Wohn-, Werkstatt-, Versorgungs- und Gemeinschaftsgebäude verstreut. Es leben dort "körperlich oder geistig gehandicapte Menschen" ("gehandicapt" ist die niederländische Definition dessen, was wir in Deutschland "behindert" nennen; bei genauerem Hinschauen erkennt man, dass zwischen den beiden Begriffen eine Nuance Unterschied besteht, wobei mir die niederländische Wortwahl die etwas sympathischere ist), denen unter fachkundiger Anleitung die Möglichkeit eröffnet wird, der jeweiligen Befähigung entsprechend in Betrieben verschiedener handwerklicher Ausrichtung eine berufliche Tätigkeit auszuüben. In der großflächigen Anlage des "Paswerk" wird vom Veranstalter der "Zes Uren van de Haarlemmermeer", dem AV Haarlemmermeer, jeweils am 3. Samstag im Mai eines Jahres auf den vorbildlich asphaltierten Straßen mit rot-weißen Absperrbändern ein Rundkurs von exakt vermessenen 1.620 m abgesteckt, den es so oft wie möglich zu durchlaufen gilt. Der Start und die Rundenzählstelle sind vor jenem Gebäude eingerichtet, das eine Cafeteria beherbergt. Dort sind auch Räume vorhanden, in denen der eingesetzte Computer angeschlossen werden kann oder von denen aus Versorgungsleitungen (z.B. für die große Zeitanzeigetafel) gelegt werden können. Außerdem ließe sich die Cafeteria dann nutzen, wenn die Siegerehrung einmal nicht bei schönem Wetter unter freiem Himmel durchgeführt werden kann. Die Anmeldungsformalitäten hingegen werden in einer etwa 400 - 500 m entfernten Sporthalle vorgenommen, weil dort in ausreichendem Maße Umkleidemöglichkeiten und Duschgelegenheiten vorhanden sind. In diesem Jahr sind die "Zes Uren van de Haarlemmermeer" einer der Wertungsläufe für den niederländisch-belgischen Marathon- und Ultralauf-Cup.

Ich hatte die "Zes Uren van de Haarlemmermeer" bereits in den Jahren 2002 und 2003 bestritten. 2004 musste ich leider passen. Im Februar 2004 hatte sich nämlich bei mir wieder ein Herzkranzgefäß verengt. Diese Schädigung wurde zwar diesmal durch die Einpflanzung eines imprägnierten Stents (und nicht wie 1996 durch eine Bypass-Operation) behoben. Ich fühlte mich jedoch im Mai 2004 physisch und psychisch noch nicht in der Lage, ein solches Unterfangen wie einen 6-Stunden-Lauf zu bewältigen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eigentlich ohnehin nicht mehr so recht daran geglaubt, erneut in die "Marathon- und Ultralauf-Szene" zurückkehren zu können. Im Jahr 2005 war die Veranstaltung zu meinem großen Bedauern aus organisatorischen Gründen "afgelast" (zu deutsch "abgesagt") worden. Als ich bei "Ultr@NED" las, dass die "Zes Uren van de Haarlemmermeer" in diesem Jahr wieder ausgerichtet werden würden, nahm ich diese Veranstaltung sofort in meine Läufeplanung auf. Und so freute ich mich sehr, als auf meine E-Mail-Anmeldung hin postwendend die Teilnahmebestätigung des Hauptorganisators Jos de Krijger bei mir einging. Ich laufe nämlich sehr gerne in den Niederlanden und habe dort schon 21 Sechs-Stunden-Läufe [Almere (1x), Amersfoort (2x), Apeldoorn (1x), Den Haag (2x), Epe (2x), Haarlemmermeer (3x), Heerde (1x), Steenbergen (2x), Stein (5x) und Zaandam (2x)] sowie 27 Marathonläufe [Amsterdam (1x), Apeldoorn (12x), Eindhoven (1x), Enschede (2x), Hoorn (1x), Leiden (3x), Maasdam (2x), Noordscheschut (2x) und Utrecht (3x)] absolviert. So verzichtete ich sogar für die diesjährigen "Zes Uren van de Haarlemmermeer" auf eine Busreise über ein verlängertes Wochenende nach Paris, die von einer meiner Ehefrau nahestehenden karitativen Vereinigung durchgeführt wurde und an der ich als Begleiter meiner Ehefrau hätte teilnehmen können.

Nachdem ich in der dem Wettkampftag vorangegangenen Nacht aus unerklärlichen Gründen nur knapp 2½ Stunden hatte schlafen können, klingelte gegen 4.45 Uhr der Wecker. Gegen 5.30 Uhr war die Abfahrt vorgesehen. Aber wie das so ist, wenn man eine Veranstaltung und den Weg dorthin gut zu kennen glaubt, kam noch eine gute Viertelstunde durch Herumgetrödel und Erledigung eigentlich überflüssiger Dinge hinzu. Als ich dann gegen 5.45 Uhr endlich in Bonn losfuhr, war dort noch Sonnenschein aus weit aufgerissener Bewölkung zu verzeichnen. Bei meiner Autobahnfahrt vorbei an Köln, Neuss, Krefeld und Moers verdichtete sich eine immer grauer werdende Bewölkung. In Höhe von Goch fielen erste Regentropfen. Bei meinem Passieren der niederländischen Städte Nijmegen, Wageningen und Ede regnete es bereits permanent. Und ab Utrecht hatte sich der Himmel "zu einer grauen Suppe" dann völlig zugezogen. Nun schüttete es, so dass der recht dichte Autobahnverkehr trotz zur Verfügung stehender 3 Fahrspuren zäh dahinkroch. Dies nervte mich natürlich, und ich erging mich in Selbstvorwürfen wegen meiner unnötigerweise verspäteten Abfahrt von zu Hause und in Verärgerung wegen der vielen zeitraubenden Autobahnbaustellen zwischen Köln und Moers. Dann aber war endlich die Ausfahrt Vinkeveen erreicht, auf die ich mich stets freue, weil hernach auf der N21 "schnuckelige" Orte wie Mijdrecht, Amstelhoek, Uithoorn oder Aalsmeer durchquert werden, die alle irgendwie an einem Gewässer gelegen sind und viele idyllische Anblicke bieten. Aus der sonstigen "Traumfahrt" wurde diesmal allerdings eine "Alptraumfahrt". Dies lag daran, dass sich in für die Samstagmorgenzeit unerwarteter Dichte ein offensichtlich doch vorhandener Berufsverkehr durch die Orte quälte. Und es gab kaum eine der vielen Ampeln, die nicht gerade kurz vor meinem Erreichen auf Rot umgeschaltet hätte. Nach Unterquerung der A4 und Tangieren des Flughafens Schiphol wurde die N21 zwar endlich zweispurig, dafür aber umso mehr durch Radaranlagen überwacht. Gegen 9.15 Uhr und mithin ca. eine ¾ Stunde vor dem Start (10.00 Uhr) traf ich dann endlich auf dem Veranstaltungsgelände ein. Dies reicht - vor allem, wenn man bereits vorangemeldet ist - eigentlich aus. Dennoch ist es für mich angebracht, mindestens eine, am besten 1½ Stunden vor dem Start am Veranstaltungsort einzutreffen. Auf Anraten meiner Kardiologin soll ich nämlich jegliche Art von Stress vermeiden, weil unter solchem (und übrigens auch bei intensivem Kräfteeinsatz wie beim Radfahren mit 150 Watt Widerstand) meine Blutduckwerte (vor allem der obere) in besorgniserregende Höhen steigen. Eine Überprüfung mit einem mitgeführten Handgelenkblutdruckmessgerät ergab ernstzunehmende "203 : 98" (ich befand mich also deutlich "im roten Bereich") und bestätigte die Untersuchungsergebnisse meiner Ärztin. Nachdem ich dann aber den ca. 400 - 500 m weiten Weg zwischen meinem Parkplatz in Startnähe und der Turnhalle zurückgelegt sowie dort meine Startunterlagen abgeholt hatte und dabei von zahlreichen Sportfreundinnen/Sportfreunden herzlich begrüßt worden war (ich bin aufgrund meiner häufigen Starts in den Niederlanden in der überschaubaren dortigen Ultralaufszene schon fast so bekannt wie der sprichwörtliche "bunte Hund"), hatten sich meine Blutdruckwerte bei einer nochmaligen Messung auf "186 : 94" reduziert (was aber eigentlich immer noch zu hoch ist).

Der Regen, der auch meine Anreise über die N21 begleitet und nach meiner Ankunft auf dem Veranstaltungsgelände weiterhin angehalten hatte, ließ rechtzeitig zum Start um 10.00 Uhr etwas nach. Als eine Laufzeit von etwa einer ¾ Stunde vorüber war, konnte man sogar kurzzeitig einen ersten Aufhellungsansatz erkennen. Dann ergab sich nochmals - sozusagen als "Verabschiedung vom Schlechtwetter" - eine Phase leichten Regens. Nach ca. 1½-stündiger Laufzeit hatte der heftige Wind (auf der Strecke nur etwa 400 m lang als unangenehmer Gegenwind spürbar) dann aber die Wolkenwände auseinander gerissen und vertrieben, so dass nur noch wenige weiße Wölkchen am Firmament zu sehen waren. Nun wurde es allerdings ziemlich warm. Da zwei Startnummern ausgehändigt worden waren, die auf Brust und Rücken befestigt werden mussten, konnte man sich der Oberbekleidung nicht so ohne weiteres entledigen. Und so war ich fast froh, als der heftige Wind nach 3:40 Stunden Laufzeit neue graue Wolkenfelder über den Veranstaltungsort hinwegblies und angenehme Kühle bewirkte. Eine ¾ Stunde vor dem Ende des 6-Stunden-Laufes und damit rechtzeitig zu dessen Finale stellte sich erneut eine nun willkommene Schönwetterphase ein, und diese hielt auch während der Siegerehrung und dem anschließenden geselligen Zusammensitzen derjenigen an, die immer als Letzte eine Veranstaltung verlassen (wozu auch ich gehöre).

Mein "Rennverlauf" lässt sich so wie folgt schildern: Von den oben aufgeführten überhöhten Blutdruckmessergebnissen etwas verunsichert, trabte ich betont vorsichtig los (was mir sofort die "Schlusslichtposition" einbrachte). Trotz meiner Zurückhaltung kam es mir vor, als liefe ich schwerfällig und "unrund" dahin. Dennoch waren die Rundenzeiten für meine Möglichkeiten ganz akzeptabel. Nach 2 - 3 zurückgelegten Runden kehrte endgültig Ruhe in mir ein, und ich fand nun zu einem angenehmen Rhythmus. In selten so gelungener Gleichmäßigkeit drehte ich meine Runden, wobei keine über 13 Minuten lag. Schon frühzeitig bestanden für mich keine Zweifel, dass ich mein Minimalziel, die Marathondistanz, schaffen würde. In weniger als 5½ Stunden hatte ich schließlich die erforderlichen 26 Runden und 175 m (26 x 1.620 m = 42.120 m + 75 m = 42.195 m) zurückgelegt, und nun zeichnete sich eine neue persönliche 6-Stunden-Lauf-Jahresbestleistung ab (bislang nur ein 43-km- und vier 44-km-Resultate). Die Frage war nur noch, ob diese ein 45-km- oder sogar ein 46-km-Ergebnis werden würde. Da auch "meine Orthopädie" diesmal ohne größere Unstimmigkeiten "mitspielte", vermochte ich während der 28. Runde noch etwas "zuzulegen" und nach deren Ende noch weitere 784 m zurückzulegen. Hieraus ergab sich eine Gesamtlaufleistung von 46.144 m (28 x 1.620 m = 45.360 m + 784 m = 46.114 m), über die ich mich verständlicherweise freute. Ich führe meine Leistungssteigerung auf meine seit Anfang Mai 2006 fast täglich durchgeführten Radtouren zurück. In den ersten vier Monaten dieses Jahres war ich noch davon ausgegangen, dass es "bei meiner Preisklasse" ausreicht, fast wöchentlich einen Marathon- oder Ultralauf zu absolvieren. Von Trainingsläufen "unter der Woche" hatte ich abgesehen, weil dies meinen in mittlerweile 44 Wettkampfjahren arg strapazierten "Bewegungsapparat" nur noch zusätzlich belastet hätte. Nun scheine ich mit dem Radfahren eine diesen einigermaßen schonende Trainingsvariante gefunden zu haben. Ein weiterer Grund für meine Leistungsverbesserung ist im guten Zustand des Asphaltbelages der 1.620-m-Runde zu finden. Entweder war das Geläuf bretteben, oder aber die sanften Schrägen erstreckten sich zu beiden Straßenseiten, so dass man sich die orthopädisch momentan angebrachte Version stets aussuchen konnte. Übrigens betrug mein Blutdruck ca. 20 Minuten nach Beendigung der 6-stündigen Laufzeit ausgezeichnete "122 : 83", was ich so interpretiere, dass mir langes langsames Laufen gut tut.

Ergebnisse der 5 erstplatzierten Männer:
1.         78.787 m           Taelman, Lucien, Belgien, M40
2.         73.639 m            Hendriks, Tom, NL, M40
3.         70.870 m            Stijnman, Marco, NL, MSen
4.         70.856 m            Zuidema, Peter, NL, MSen
5.         70.522 m            van der Bijl, Bram, NL, M40

Ergebnisse der 4 erstplatzierten Frauen:
1.         59.271 m            Lange, Jannet, NL, V40
2.         57.085 m            Scheffer, Ineke, NL, V40
3.         56.574 m            Vacher, Milanda, NL, V30
3.         56.574 m            van Beek, Coby, NL, V50

Die Siegerin der Damengesamtwertung, Jannet Lange, hatte übrigens alle 5 Marathonläufe bestritten, die über die Ostertage hinweg von Carsten Mattejiet und seinem Helferteam in Lilienthal veranstaltet worden waren. Sowohl dort als auch jetzt in Cruquius lief Jannet allerdings etwas unter Wert, weil sie seit einiger Zeit von Muskel- und/oder Sehnenproblemen geplagt wird. Ich konnte während der "Zes Uren van de Haarlemmermeer" mehrmals beobachten, wie Jannet stehen blieb, um sich mit Dehnübungen ein Weiterlaufen zu ermöglichen.

Der Vollständigkeit wegen sei auch noch erwähnt, dass ich nicht der einzige deutsche Teilnehmer bei den "Zes Uren van de Haarlemmermeer" war. Axel Storch aus Aachen (M40) absolvierte seinen ersten 6-Stunden-Lauf und schaffte mit 54.028 m ein recht ordentliches Ultradebüt.

Fazit:  Eine von einem routiniertem Team nun schon zum 6. Mal ausgezeichnet organisierte Veranstaltung, die sich durch eine familiäre Atmosphäre und große Gastfreundlichkeit auszeichnet, diesmal aber leider nur 26 Sololauf-Finisherinnen/-Finishern sowie 6 Staffeln zu verzeichnen hatte. Ich könnte mehrmals im Jahr mit ungemindertem Spaß dieses Rennen bestreiten und kann die "Zes Uren van de Haarlemmermeer" uneingeschränkt jedem empfehlen, ob Hochleistungssportler oder "Nur-Fun-Läufer".

Volker BERKA, 22.05.2006

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