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Sonntag, 10.04.2005 | von: mw

29. Paris Marathon

Am Freitag Mittag brechen die weltbeste Supporterin Doris (meine Ehefrau – verletzungsbedingt leider zum Zuschauen degradiert, denn sie wäre selbst gern mitgelaufen) mit dem Flieger nach Paris auf. Beim Einchecken in den Candair-Jet (so einer mit nur 4 Sitzen je Reihe und auch nur ca. 18 Reihen) hatten wir extra um einen geräumigen Fußraum gebeten, damit Doris das geschiente Bein ausstrecken kann – doch die Sicherheitsbedingungen wollen es anders und so bekommen 2 Läufer aus Neumünster den Platz an der –nein, nicht Sonne- sondern Notausstiegstür. Nach 1,5 Stunden Flug geht’s mit dem Bus und Metro zur Marathon-Messe, die etwa die Größe vom Frankfurt-Marathon hat und sehr übersichtlich ist. Wenn nicht so viele Werber für andere Laufveranstaltungen ausstellen würden, könnte man statt drei Reihen nur eine besetzen. Größe der Messe steht nicht in Relation zu der Läufermenge mit ca. 35.000! Im 2. Stock, ohne Rolltreppe oder Aufzug; nett, wenn jemand gehbehindert ist. Drittes Manko: keine Einstellmöglichkeit für Gepäck. Fazit: es hätte nicht gelohnt, dafür einen Tag des Aufenthalts zu reservieren oder gar eher anzureisen. Aber dafür bekommt man auf jede Startnummer ein Reebok-T-Shirt (Baumwolle) mit Paris-Marathon-Aufdruck (allerdings ohne Jahr, dafür mit Hauptsponsor). Danach geht’s zu unseren Bekannten; er macht am Samstag, nach vormittäglichem Einkauf auf einem typisch französischern Wochenmarkt nachmittags mit uns eine Besichtigungsfahrt auf Teilen der Marathon-Strecke, damit ich am Sonntag auch weiß, was ich gerade für eine touristisches Highlight vor oder neben mir habe. Da die Info-Unterlagen vom Veranstalter äußerst dürftig sind, versucht unsere Bekannte noch zu klären, ob es Duschen gibt (nein!), ob man Eigenverpflegung abgeben kann (nein!) und ob man wenigstens seine Sachen abgeben kann (ja!). Gutschein für 2 Personen bei den Startunterlagen haben wir zu spät gesehen, darum machen wir selbst eine Nudelparty. Am nächsten Morgen mit dem Auto zum L´Arc de Triomphe, der nur ein paar 100 Meter von der Startlinie entfernt ist. Bei dem morgendlich schwachen PKW-Verkehr ist sogar ein Foto vor dem Triumphbogen möglich – am Nachmittag vorher war sogar das Befahren mit dem Auto riskant, für Fußgänger wahrscheinlich lebensgefährlich. Schade nur, dass die Kleiderabgabe gar nicht am Start ist, sondern am ca. 1,5 km entfernten Ziel, so dass wir erst mal fragen müssen und dann wieder zurückwandern, um die Klamotten abzugeben. Viele andere Läufer haben darauf aber scheinbar verzichtet, denn nach dem Lauf haben wir sie in der Metro und auf den Straßen gesehen: noch in Laufkleidung, nur von einem im Zielbereich ausgeteilten Regenponcho – gut erkennbar in leucht-orange- geschützt. Nach der Kleiderabgabe noch mal aufs Dixi: relativ kurze Schlange, trotz der vermeintlich geringen Anzahl der Toiletten in Relation zur Läuferzahl (keine 100m-lange Toiletten-Reihe wie in New York). Danach fix zur Champs-Elysées, noch ein bisschen Stretching, denn der Startblock quillt eh über – den einen oder anderen aufgeregten Läufer beobachtet, der die Ladenfassaden dieser heiligen Straße entweiht ... Trotz ca. 8 Grad Celsius und bedecktem Himmel entscheide ich mich für die kurze Laufkleidung (schön im 100 Marathon-Club-Singlet), noch schnell einen Kuss von Doris entgegen genommen, Treffpunkt bei 30 km am Eifelturm vereinbart und 5 min vor dem Start in die Schlange am Zugang zum Startblock eingereiht. Einige klettern über die Bauzaun-Elemente, was mir aufgrund der oben aufgesetzten Spitzen und wegen dem Wackelfaktor aber zu gefährlich erscheint. Beim Warten dann eine freudige Überraschung: Willi Wacker aus Itzehoe begrüßt mich mit den Worten: „Euch trifft man auch überall!“. Gute Wünsche getauscht und dann endlich der Startschuss, gemächlich setzt sich das Feld in Bewegung, ich komme in den Startblock und gehe (!) bis zur Startlinie mit. Mehr als Gehen ist auch gar nicht möglich, denn man gleicht mehr einem Storch, der durch Berge von abgeworfenen Warmhaltefolie (ach ja, die gab’s auch auf der Messe) und Kleidung stakst. Nach 5 Minuten überquere ich die Startlinie; gestern war die Straße voller Autos, jetzt ist sie voller Läufer. Das große Überholen geht los – man könnte sich auch fragen, ob irgendjemand von der Organisation die Startblockfarben kontrolliert hat - ich wage es zu bezweifeln, aufgrund der Menge an Überholten. Ab km 7 oder 8 ist die Straße dann aber nur noch halbseitig für die Läufer abgesperrt, so dass man am linken Rand (auf der Gegenfahrbahn) unter Beobachtung, ob Autos entgegenkommen, endlich mal das eigene Tempo laufen kann. Die Straßenmitte hat auch noch den Vorteil, dass man nicht auf die Abgrenzungen (tw. Bordstein-Kanten, tw. 5cm hohe Balken) zum Fahrradweg tritt und Gefahr läuft, umzuknicken. Vorbei geht’s am Platz der Bastille, am Zoo, dann in den ersten Wald im Osten von Paris. Da die Champs-Elysées fast an der westlichen Stadtrand liegt, haben Paris also schon einmal durchquert. Kurz vor dem Halbmarathon verlassen wir das parkähnliche Gebiet und auf einmal wird es wieder eng auf der Straße (Torsten Schacht hatte es schon berichtet, dass er letztes Jahr einen Stau hatte. Bei mir war es nur zähfließend.) Bei km 25 ein Blick nach links zu Notre Dame, vom Louvre hab ich nichts bemerkt, denn es geht parallel zur Seine durch Straßentunnel. Davon ist einer sehr lang und nur zweispurig, so dass es sehr warm wird. Dann bei km 30 der Treffpunkt mit Doris – Flaschentausch mit Eigenverpflegung nach Geheimrezept, ein Küsschen, Foto (leider ohne Eifelturm im Hintergrund – immer diese Technik). A propos Verpflegung: alle 5 km wird stilles Wasser in 0,5l-PET-Flaschen gereicht, später gibt’s noch Orangenscheiben dazu. Problem ist nur, dass schon bei mir (als 3:30 h-Läufer) diese Fläschchen lustig auf der Straße rumkugelten – wie sah es dort wohl nach 10-, 20- oder gar 30-tausend Läufern aus. Zwischen den Wasserstationen gibt es Wannen und Eimer mit Schwämmen – das ist positiv, denn ich muss nicht Trinkverpflegung und Schwamm-Eintauchen parallel machen, sondern beides geht in Ruhe nacheinander – und muss nicht anhalten. Weiter geht’s in Richtung westlicher Stadtwald – da ich knapp 4 min unter einer 3:30h-Endzeit bin, nehme ich mir vor, dass Tempo zu halten, hänge mich dazu an einen Italiener und später an den Neumünsteraner Läufer vom Hinflug. Jetzt laufen wir am Tennisstadion Roland Garosse (French Open) und dem Prinzenpark (AS St. Germain Paris) vorbei in den Park. Hier stehen kaum noch Zuschauer, obwohl man sie doch gerade ab Kilometer 35 jede Unterstützung gebrauchen kann. Dafür auf einmal 2 Werbestände von anderen Veranstaltern, u.a. Medoc-Marathon: hier wird Rotwein gereicht. Ich behalte das sportliche Ziel vor Augen und verzichte. Bei km 41 geht’s wieder ins Stadtgebiet und bei km 42 biegen wir auf die Zielgerade ein – auch hier fast keine Zuschauer und wenn sind sie sehr zurückhaltend – berichtet Doris, die auch dort steht und für ihre Anfeuerungsrufe fast mitleidig belächelt wird. Ich selbst sehe nur noch den Zielbogen, höre ACDCs „Highway to Hell“ und renne in 3:25:32 netto über die Zielmatte – das war also mein 99. Marathon. (Kommentar Doris: „Jetzt brauchst Du also nur noch einen ...“) Nach dem Abschneiden des Leihchips – hier durfte man nämlich nur mit den schwarzen Chips laufen, weil angeblich nur diese für die Veranstaltung eingebucht wurden, gibt’s die ersehnte Medaille (auch eine für die weltbeste Supporterin). (Ach ja: mein eigener Chip – getragen am anderen Fuß – ist im übrigen auch in der Wertung; nur die Chip-Nummer und 4 sec netto langsamer. Sachen gibt das ...) Vorbei an langen Schlangen vor den Massage-Zelten zur recht mageren Zielverpflegung bestehend aus Wasser, Würfelzucker-Stückchen (!), Äpfeln und Bananen. Danach Kleiderbeutel abgeholt und dann Spießrutenlaufen durch die wartenden Angehörigen. Umziehen auf einer Rasenfläche, Erinnerungsfoto und ab mit der Metro (Stau beim Reingehen in den Bahnhof, da nur 4 von 7 Zugangsschleusen zu den Bahnsteigen geöffnet sind – kein wirklich guter Zeitpunkt für ein Wartungsfenster) in die Freundes-Wohnung zum Duschen. Danach zum Flughafen, noch ein paar Souvenirs für die daheimgebliebenen Kinder gekauft und nach 1 ½ Flug wieder im nächtlichen Hamburg gelandet. Resümee: wir werden bestimmt noch mal hinfahren, um noch mehr von der Stadt zu sehen – und damit Doris sich die Medaille durchs Laufen verdienen kann. Dank an unsere Freunde für die Unterkunft und das nette Wochenende; Dank an Doris für den uneigennützigen und aufmunternden Support.

Mario

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