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Donnerstag, 07.08.2014 | von: rw

rwandamarathon.com

Im Februar 2014 lief ich meinen 2. Marathon in Ruanda. Aber erst einmal beginne ich mit einem Prolog.


Erneut startete meine Reise durch Afrika in Nairobi. Vor dem Büro von Simba Coach wird an diesem Verkaufsstand immer eine Vitaminration für 50 Kenya Shilling angeboten. Heuer wurde der Stand aber ein Opfer der Regenzeit und auch am nächsten Morgen nicht gesichtet.

Genau, die Busfahrt startete diesmal morgens, da Nachtfahrten neuerdings verboten sind. Und dann gab es noch eine Neuerung: Kurz vor Abfahrt, betrat ein Paparazzo den Bus und machte Aufnahmen von sämtlichen Passagieren. Und diese ließen das auch über sich ergehen; eher ungewöhnlich, da Afrikaner meist Einspruch erheben, wenn sie ungefragt abgelichtet werden. Ich erahnte zwar den Grund dieser Aktion, fragte aber bei Ankunft in Kampala noch mal nach: Die Bilder dienen nur der Terrorismusbekämpfung...wenn etwas passiert, werden sie der Polizei zur Verfügung gestellt, ansonsten wieder gelöscht.

An der Grenze von Kenia zu Uganda meinte ein Bürger Kanadas zu mir, als er 50 Dollar fürs Visum löhnen musste, dass das Reisen hier teuer sei, jedes "kleine" Land kassiere. Dabei war das in good old Europe früher auch nicht anders. In der Ausgabe 5/2014 der Bahnzeitung "mobil" las ich ein Interview: Ein Schauspieler erzählte, wie er mangels Transitvisum von den österreichischen Grenzern auf der Reise von Deutschland nach Italien aus dem Zug geholt wurde. Und von der abenteuerlichen Rettung seiner 50-DM-Note, die er vorher versteckte, da westdeutsches Geld nicht mitgeführt werden durfte.


Nach einer Zwischenübernachtung in der ugandischen Hauptstadt (eigentlich nicht eingeplant, da ich über Nacht reisen wollte) ging es weiter nach Fort Portal.


Auch eine Möglichkeit, die Wasserflaschen während der Fahrt zu deponieren. In der ersten Stunde fuhr ein Kaffeefahrtverkäufer mit und unterhielt die Fahrgäste mit Seife und anderen Dingen.


Diese Sitzbank war mir bereits bekannt. Hier wartete ich auf meinen Freund Richard. Ich wollte ihm die Bilder geben, die ich letzen November von ihm geschossen hatte. Leider kam es aufgrund schlechtem Handyempfang zu keinem Treffen, so dass ich die Fotos jemand anderem mitgab. Richard hat sie aber mittlerweile erhalten. Bevor ich dann meinen Rückweg antrat noch eine kleine Stärkung mit einer mir bisher unbekannten Spezialität:


Cassava


Die Übernachtung im Westend etwas außerhalb der Stadt kam 51.000 UGX mit Frühstück.


Weiter ging es nach Kabale.


Hier gibt es einen königlichen Supermarkt.


Ein nettes Restaurant für Frühstück und Abendessen.


Ein Gebäude, was in Anbetracht der vorherrschenden Temperaturen Erinnerungen an die letzten Clubreise wachrief. Und am Standort der Kamera hatte ich auch die Briefmarken von Marathonolympiasieger Kiprotich erworben.

Zur Post noch folgende Anekdote: Mangels berühmter Gebäude in Ostafrika gibt es fast nur Ansichtskarten mit Tieren zu kaufen, die sich auch alle wiederholen. Und so passierte es, dass ich Michael T. die gleiche Karte schickte wie bereits im letzten Jahr.


Und dann war da noch das "Home of Edirisa", was ich bereits im Know-How-Reiseführer gefunden und per Mail reserviert hatte. Es war ein Fehler, das Zimmer mit eigener Toilette zu buchen, denn im Gegensatz zu den übrigen Zimmer, gab es kein Fenter zur Straße, und da tagsüber kein Strom vorhanden war, blieb es ziemlich duster.


Bei der Abreise wurde ich dann noch gebeten, diesen Fragebogen auszufüllen.


Ausgesucht hatte ich mir diese Unterkunft, da für Gäste der Besuch des angeschlossenen Heimatmuseums kostenlos war. Jeder Hof hatte zwei Eingänge, wobei Einer nur den Familienmitgliedern bekannt war.


Sonnenschirm


Sitz des Medizinmannes


Für 10.000 UGX brachte mich ein Motorrad zum Lake Bunyonyi. Die Fahrt führte an einem Steinbruch vorbei, während der schnellen Reise entdeckte ich unter den Arbeitern auch Kinder.


Wenige Meter bevor wir die Boote erreichten, stellte sich uns dieser Mann in den Weg. Und nachdem das Motorrad trotzdem weiterfuhr, lief er uns hinterher...Jobsuche macht sportlich...für 50.000 UGX fuhr er mich über den See.


Gelandet war ich dann auf dieser Insel...


...auf der es auch eine Übernachtungsmöglichkeit gibt.


90 Dollar inklusive Frühstück, jederzeitigem Transfer aufs Festland und die "Kurtaxe" in Höhe von 5.000 UGX pro Person, für ein Foto besorgte David auch den Schlüssel, Reservierungen unter 00256782475363


Warum ich das jetzt erwähne? Es führt ein Weg um die Insel, einige Tiere können auch gesichtet werden.


Sie wurden vom Ressort extra nach offizieller Genehmigung aus den Nationalparks hergebracht. Mit einer Ausnahme: Es soll einen Affen auf der Insel geben, aber niemand weiß, von wo er kam, und wie er den Weg auf die Insel fand.


Und darum auch die 5.000 UGX Eintrittsgeld, von denen mir der Bootsführer aber fairerweise schon vor der Abfahrt was gesagt hatte.


Und wärend unseres Spaziergangs sagte mir David dann, dass er, bevor es ihn auf diese Insel verschlug, in Österreich lebte und in Salzburg an einem Halbmarathon teilnahm, für den er so um die 2:50 benötigte. Manchmal läuft er um die Insel und benötigt ca. 16 Minuten...also mal im Kopf überschlagen...könnten dann so ca. 2 km sein, müsste man natürlich noch mal genau vermessen, aber bei einer evtl. Clubreise Ruanda - Perle Afrikas: 100MC könnte man diese Insel durchaus mit ins Programm nehmen.


Ein Strand ist gerade im Entstehen...Foto könnte also für einen Vorher-/Nachhervergleich historischen Wert haben...und noch was sollte man wissen: Wer hier baden geht, sollte schwimmen können, denn es wird nicht langsam tiefer, sondern geht gleich 900 Meter runter. Dieser See ist nämlich nicht natürlichen Ursprungs, sondern vulkanischer Natur. Dieses soll auch der Grund sein, warum in diesem See keine Fische sind.

Es soll sich um den zweittiefsten See Afrikas handeln. Dieses hätte der Bootsführer allerdings vor der Abfahrt erwähnen können, gerade da nicht jeder Afrikaner des Schwimmen mächtig ist. Einen Rettungsring hatte ich nicht gesichtet, und ich glaube auch nicht dass er ausgebildeter Rettungsschwimmer war. Jetzt leuchtet mir auch ein, warum beim Untergang der MV Barbus von Port Bell zu den Ssese-Inseln mehrere 100 Menschen starben.


Fortschrittlich fand ich auf dem Weg vom Boot zum Hotel die Energiesparlampen...


...und Bänke für Erholungssuchende.


Mit diesem weißen Sammeltaxi ging es zum Grenzübergang Katuna. Inhalt: 7 Fahrgäste + Fahrer, 4 Leute hinten und 4 Leute vorne...1 Fahrgast setzte sich auf den Fahrersitz und der Fahrer quetschte sich daneben, mit der linken Hand über die Beine des Fahrgastes zur Kupplung greifend...er versuchte dann auch noch ganz dicht an den Schlagbaum zu kommen, blieb aber im Stau stecken, also aussteigen und zu Fuß weiter.


Letztes Foto von Uganda nachdem ich mir schon den Ausreisestempel abgeholt hatte. Dieses war bereits mein 3. Besuch dieses Landes innerhalb von 12 Monaten.

Nach meiner schlechten Preis-Leistungs-Verhältnis-Erfahrung aus dem letzten Jahr von den Boda Bodas an der Grenze von Uganda nach Kenia lehnte ich die zahlreichen Angebote ab und machte mich per pedes auf die andere Seite. Viele LKW parkten im Niemandsland, ein Grenzfluss diente zum Wäschewaschen. Auf der anderen Seite wurde mir gesagt, dass vom nächsten Dorf keine Busse nach Kigali führen, und ich auf ein Sammeltaxi warten solle.


Diesmal saßen nur 4 Leute inklusive Fahrer im Auto und der Preis war mit 7.500 RWF für gut 100 km fair. Wie bereits gewohnt war die Straße hier besser, nur an einigen Stellen fehlte noch der Asphalt...aber der kommt mit europäischer Hilfe sicher auch bald.


Endstation war der ZOB in Kigali. Bevor es weiter zum Lake Kivu ging, besuchte ich dort erst einmal meinen lokalen Stammfriseur. In Kibuye übernachtete ich wieder wie im letzten Jahr im Home St. Jean. Überhaupt bestand diese Afrikareise für mich aus einigen Wiederholungen, aber man entdeckt auch immer viel Neues...


...wie z. B. das Bier Gatanu, dieses Wort steht für die Zahl fünf, daher auch die entsprechende Ziffer auf dem Flaschenetikett.


Oder diese Strandanlage, die einem benachbarten Hotel gehört...Eintritt frei, Cola allerdings etwas teurer. 


Auch meisterte ich erneut diese Brücke im Nyungwe National Park. Diesmal war ich nicht alleine, 6 Briten waren auf Geschäftsreise...


...und schafften nach mehreren Überredungskünsten des Führers auch die erste Brücke. Die Überquerung des 2. Teils wagte dann nur noch die Hälfte der Gruppe.


Dabei gibt es schlimmere Brücken, wie z. B. diese tibetische Hängebrücke bei Turin, auf die ich mich allerdings auch erst nach gutem Zureden traute. Aber zurück nach Ruanda:

Schon die Anreise zum Nyungwe war ein Abenteuer. Wieder nahm ich den nur einmal täglich verkehrenden Onatracom-Bus über den Kongo-Nil-Trail, diesmal gab es für mich aber keinen Sitzplatz in der ersten Reihe. Ich war froh, in dem völlig überladenen Bus überhaupt noch einen Stehplatz zu bekommen. 2 Stunden lang wurde ich dann stehend durchgeschüttelt, und immer mal wieder wurden neue Fahrgäste dazugestopft, stieg jemand von hinten aus, war das ziemlich aufwendig aber machbar. So einen vollen Bus hatte ich noch nie gesehen, und ich habe bereits in Deutschland erlebt, dass Busfahrer von wesentlich leereren Bussen die Weiterfahrt verweigerten. Am Mugonero Markt bekam ich dann doch einen Sitzplatz.

Die Straße duch den Nyungwe ist zwar aspaltiert aber sehr kurvenreich und forderte 2 Opfer, die sich übergeben mussten.


Ich übernachtete wieder in dem Dorf Buhinga. Und da die ärmere Dorfbevölkerung nicht so viel Geld hat, gab es hier auch nur jeweils Airtime für 100 RWF also ca. 11 Eurocent...da musste eben mehrfach gerubbelt werden, wobei ich den Sinn dieser kleinen Handyguthaben nicht nachvollziehen kann, denn auch für ein Inlandstelefonat reichen diese 100 Francs nur wenige Minuten.

Es lohnt sich durchaus, einige Abenteuer ergänzt durch neue Eindrücke zu wiederholen. Aus meinen Kindertagen erinnere ich mich noch an das Spiel "Risiko" und den Auftrag "Besetze X Länder mit mindestens 2 Armeen". Vielleicht mal eine neue Ländersammelvariante: Es zählen nur Länder in denen man mindestens 2 Marathons gelaufen ist, oder die man für mindestens 2 Wochen besucht hat.


Ankunft in Avega, einer sehr gepflegten Hotelanlage. Dieses Konferenzzentrum war auch Domizil der Marathon-Orga aus England. In meinen Mailkontakten mit der Veranstalterin Gill hatte ich das immer so verstanden, als wenn Avega ein Ort sei, den ich aber nie auf meinem Ruandaatlas fand, welchen ich im letzten Jahr erworben hatte. Mit dem Bus sollte ich nach Rwamagana fahren. Die letzten Meter in den Ortsteil Avega hätte ich auch durchaus laufen können, wenn ich ortskundig gewesen wäre. So nahm ich mir ein Motorrad für 400 RWF. Die Übernachtung kostete 15.000 RWF.


Inklusive war ein Frühstück, welches sonst 3.000 RWF gekostet hätte. Am Tag meiner Abreise wollten die Damen aus dem Restaurant das Frühstück extra berechnen, da sie nicht wussten, das ich Hotelgast war. Das hat dann erstmal eine ganze Weile gedauert, die Dame von der Rezeption - wahrscheinlich die Einzige, die Englisch sprach - ausfindig zu machen. Sie sagte mir, dass Restaurant und Hotel getrennt wirtschaften, und sie normalerweise die Frühstücksquittungen erhält und dann bezahlt.

Sprache ist auch so ein Thema: Wer weiß, was die Regierung dieses Landes geritten hat, Englisch zur Amtssprache zu erklären, denn außerhalb von Kigali versteht kaum jemand diese Sprache...was die auch immer sprechen, nach Französisch klingt das auch nicht. Letztes Jahr war mir das gar nicht so extrem aufgefallen, da hatte ich wohl Glück gehabt.


Zurück zu Avega: Der Bau dieser Anlage wurde von den Briten unterstützt. Hierzu ist Mr. Bown durchs Vereinigte Königreich geradelt, um Geld zu sammeln. Und wahrscheinlich wird das auch der Grund sein, warum sich eine Veranstalterin aus eben jenem Land diese Location als Veranstaltungsort ausgesucht hat.


Gill hatte mir am Freitagabend gesagt, dass ich am Samstag zu einer Party mit einheimischen Tänzen einladen bin. Ich war pünktlich um 19:00 Uhr im Restaurant erschienen, aber von Folklore keine Spur...fürs Essen musste ich auch selber löhnen...


...meine Lieblingsspeise: Pommes mit Salat für 1.000 RWF...


...dazu mützig...versprach der erfolgreiche Geschmack auch einen erfolgreichen Lauf? Normalerweise hätte Rwanda Challange Marathon 2014 jetzt bereits Geschichte sein sollen, aber es kommt manchmal anders als Veranstalter so planen.


Und so wurde der Marathon um 23 Stunden verschoben und startete erst am Sonntag um 6:00 Uhr. Grund war der Umugandatag, eine Art ruandischer Subbotnik. Jeden letzten Samstag im Monat ist das Volk aufgerufen, etwas Gemeinnütziges zu tun. Hierüber wurde am Samstagabend auch groß im Fernsehen berichtet. Dabei fiel mir auf, dass auch Spitzenpolitiker ihre Kommentare nicht in Englisch abgaben...aber zum Thema Sprache hatte ich mich ja bereits geäußert. Am Samstagvormittag war bedeutend weniger Verkehr auf der Straße, die meisten Geschäfte geschlossen und öffentlicher Verkehr existierte gar nicht. Aber nicht jeder machte mit. Und da sich ein Aufruf zur gemeinnützigen Arbeit mit dem hobbymäßigen Laufen nicht verträgt, musste der Lauf eben verschoben werden.

Warum jetzt so früh und nicht erst um 7:00 Uhr starten wie für den Vortag geplant? Die Engländer standen unter Zeitdruck, hatten für Sonntag bereits ihren Rückflug geplant und mussten um halb zwölf Avega verlassen. Ob das jetzt auch der Grund war, warum die englischen Jungs "nur" Halbmarathon liefen und ich damit als einziges Bleichgesicht die Marathonstrecke in Angriff nahm oder einfach nur, weil die Engländer bereits die Schwere der Strecke kannten, entzieht sich meiner Kenntnis.


Aber dann begann die Tanzvorführung doch noch.


Und auch die Bleichgesichter wurden eingeladen mitzumachen. Die Dame mit dem weißen Pulli ist die Marathonveranstalterin.


die Kapelle


Mit der Engländerin rechts im Bild konnte ich mich sogar etwas auf Deutsch unterhalten. Ihr Mann hatte mal in Hannover gearbeitet.


Die Kleinen zeigten echte Begeisterung.


Morgens fünf Uhr in Avega...Startnummernausgabe...ich stand nicht auf der Liste...aber die Veranstalterin erklärte der Dame mit Hut gleich, dass ich alles bezahlt hätte, und so wurde mein Name nachträglich aufgeschrieben. Und damit sind wir beim Startgeld.

Nun bin ich ja ein Freund von Benefizveranstaltungen und laufend helfen ist doch auch eine tolle Sache. Aber alles sollte auch im Rahmen bleiben. Das Startgeld kostete 150 Pfund Sterling...das war aber noch längst nicht alles. Bei der Anmeldung musste man sich bereit erklären, ein Kuhprojekt mit 500 Pfund Sterling zu unterstützen...und das war keine unverbindliche Erklärung, sondern ein Zwang, ohne die Spende war ein Start nicht möglich; wurde auch durch Mails der Orga an die Zahlung erinnert. Die Spende an das Kuhprojekt geschah online. Eine Option sah vor, dass britische Steuerpflichtige gleich mehr geben, so dass man nach Absetzung der Spende beim Finanzamt trotzdem 500 Pfund Sterling netto los wurde.

Nun will ich nicht an der Ehrlichkeit des Projekts zweifeln. Mir wurde gesagt, dass irische Kühe nach Ruanda geflogen werden. Kann mir jetzt zwar gar nicht vorstellen, wie der Transport von Kühen in der Business Class aussieht, aber wenn das wirklich so ist, wird das natürlich eine Stange Geld kosten. Eine Woche verbrachten die Engländer in Ruanda. Und neben dem Akagera Nationalpark und dem Marathon standen natürlich auch Besuche des Hilfsprojekts auf dem Programm. Sollte ich hier noch mal laufen, werde ich mir sicherlich die Zeit nehmen, das Ganze noch mal genauer zu beleuchten. Am Samstag hatte ich mit Gill ein längeres Gespräch über die Startgeldhöhe geführt. Sie meinte auch, dass man das Konzept etwas überdenken müsse.

Umgerechnet gut 800 Euro sind mehr als so mancher EU-Bürger pro Monat verdient. Und ich erinnere an den Ursprung des Kattenberg-Marathons: Damals schrieb der Veranstalter und Skandinavienfan, dass ihm der Marathon im dänischen Aabenraa zu teuer geworden sei, und er daher eine preisgünstigere Alternativveranstaltung anbieten wolle. Evtl. gab es auch aufgrund des Startgelds kaum Interesse aus dem Ausland. Ein Italiener sollte sich noch angekündigt haben, wurde aber nicht gesehen. Die 3 jungen Engländer, welche den Halbmarathon mitliefen, gehörten im Prinzip zum Veranstalterteam.

Dabei war die Startgeldhöhe very british. Letztes Jahr an der Startlinie in Wellen sprach mich Christian H. auf den Marathon in Sierra Leone an (Woher er auch immer davon wusste?). Ursprünglich hatte ich auch tatsächlich die Idee gehabt eine Woche nach dem Kigalimarathon an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Der Direktflug war aber kaum bezahlbar, und so recherchierte ich Flugverbindungen in Nachbarländer. Dann gab es aber Informationen, dass die Grenzübertritte innerhalb Westafrikas ziemlich unsicher bis ganz unmöglich seien. Und für ein Land gab es nicht nur eine Reisewarnung; dass Auswärtige Amt wies auf seiner Internetseite darauf hin, dass im Bedarfsfall der Einsatz der deutschen Botschaft bezahlt werden muss...naja, aus Sicht der Botschaft hat man dort ja auch nichts zu suchen, und wenn man doch hinfährt selber schuld. Aber das endgültige Aus für diese Reise kam dann, nachdem ich mich näher mit der Ausschreibung befasst hatte. Es wurde eine Spende erwartet: mindestens 1000 Pfund Sterling.

So, das war jetzt mal eine längere Ausführung zu dem beliebten Thema Startgeld. Da ich über die Bedingungen wusste, bevor ich mich anmeldete, möchte ich auch nicht jammern, hätte ja hier nicht laufen müssen. Und in Anbetracht meiner Erlebnisse in Ruanda im vergangenen Jahr dachte ich mir, wenn ein Land eine Investition in dieser Höhe wert ist, dann dieses. Es ist nur schade, dass viele westliche LäuferInnen durch diese Startgebühren von diesem Lauferlebnis praktisch ausgeschlossen werden. Aber alles ist relativ: Fragte mich Christian F. doch während des "Marathon nach 42" nach dem Wechselkurs des britischen Pfundes und erzählte mir von seinem Traum: Marathon des Sables und den Kosten...also dagegen ist der Lauf in Rwamagana dann ja doch ein Schnäppchen.


Noch in der Dunkelheit ging es vom Veranstaltungszentrum Avega zur Startlinie in einer Seitenstraße.


Noch standen die Bleichgesichter in der ersten Reihe, aber bereits wenige Sekunden nach dem Start waren sie schon abgeschlagen ganz hinten.


Da hatte doch jemand was auf der Laufstrecke verloren.


Verpflegungspunkt bei Meile 4 - keine Ahnung wo die Pfütze herkam, denn Regen hatte ich seit meiner Ankunft in Avega vor 2 Tagen nicht gesichtet.


Und jetzt schon Meile 9? Hatte da jemand etwa die Streckenmarkierung gestohlen?


Und dann stürmten mir auch schon die ersten Läufer entgegen. Vor dem Lauf hatte ich nur die Info erhalten, dass 2 Runden zu laufen sind auf denen sich jeweils 2 Verpflegungsstellen befinden. Jetzt dämmerte es mir...es handelte sich um eine Wendepunktstrecke, und besagte 2 Verpflegungsstellen wurden durch...


...Wendepunkt...


...und Start/Zielbereich ergänzt.


Immer wieder begleiteten Kinder die Läufer.


Schon in der 1. Runde begann ich zu schwächeln...diese Hitze...diese Anstiege...seit einigen Tagen Durchfall. Und dann stürzte ich noch beim Bergauflaufen. Viele Passanten sagten "sorry", als sie mein Knie sahen, ich ignorierte das erstmal, stürtze ich doch schon häufiger bei Läufen, sah dann oft gefährlich aus, nach dem Duschen blieb dann aber meist nur ein kleiner roter Fleck. Diesmal blutete es allerdings weiter, also Pflaster rauf, und als als ich nach einigen Tagen mal nachsah...


...kam dieser Stein zum Vorschein, den ich als Souvenir mit nach Deutschland brachte. Nach der Entfernung des Steins wuchs das Loch dann in wenigen Wochen von alleine zu.


Endlich Meile 11...die erste Runde war also fast geschafft. Während ich das Meilenschild fotografierte, warteten die mich begleitenden Kinder geduldig. Was sind überhaupt Meilen? Dem britischen Veranstalter ersparte das natürlich die Umrechnung der ungewohnten Kilometer, aber kommen Afrikaner auch damit klar? Bei Meile 2 überholte mich ein Farbiger - keine Ahnung, wo der so spät herkam, vielleicht den Start verschlafen - und fragte, was das Schild zu bedeuten hätte...Meilen noch nie gehört.


nicht mehr weit zu den nächsten Bananen


Und nach der Stärkung und unter Beobachtung zahlreicher Zuschauer ging es die letzten 2 Meilen zum Rundenende. In der zweiten Runde gab es an dieser letzten Verpflegungsstelle kein Wasser mehr...aber muss man überhaupt soviel trinken? Im zweiten Durchgang schlossen sich mir an der Verpflegungsstelle bei Meile 4 zahlreiche Kinder an...


...und die hatten Ausdauer, am Wendepunkt waren sie immer noch bei mir.


Die berühmten Hinweisschilder auf das schwarze Getränk hatte ich nirgends gesehen...ich ging in einen der Läden und fragte nach Cola...endlich mal was Richtiges zu trinken...wollte auch einige Flasche für die Kinden kaufen, aber irgendwie hat der Verkäufer mich nicht verstanden. Oder trinken kleine Läufer hier sowas nicht? Wasser nahmen sie an den Verpflegungsstellen aber auch nicht mit. Wenn ich eine noch halbvolle Flasche jemanden meiner Begleiter gab, hatte ich eher den Eindruck, dass sie mehr als Trophäe als dem Durstlöschen diente.

Hatte ich doch gedacht, dass mich die Kinderschar am 4-Meilen-Verpflegungspunkt, wo sie sich mir angeschlossen hatten, wieder verlassen würden, begleiteten sie mich bis ins Ziel. Lief ich, liefen sie auch...wanderte ich, wanderten sie auch...ca. 9 Meilen ohne Verpflegung...und die 4 Meilen mussten sie ja auch wieder zurück, glaube kaum, dass jemand sie mit dem Auto gebracht hat. Den ersten Halbmarathon schaffte ich noch in 2:32, für die zweite Hälfte benötigte ich 3:10.

Besonders fasziniert war ich, dass diese kleine Zwerge in ihren Sandalen einen Halbmarathon liefen. Und dabei war es sicherlich nicht immer ein Vergnügen, mich zu begleiten. Total abgespannt torkelte ich und hielt teilweise nicht die Spur. Und da ich auch kein Gruppenläufer bin, trat ich dem einen Kind versehentlich gegen die Sandale und der Schuh trennte sich vom Fuß. Einem anderen Kind traf ich unbeabsichtig mit meinem Ellenbogen, die meisten Kleinkinder in Deutschland hätten dann wohl erstmal laut angefangen zu weinen, hier geschah nichts. Also beim Anblick dieser Kinder muss ich doch wieder einmal feststellen, dass wir, die wir nicht regelmäßig Marathon unter 3 Stunden laufen, doch alle Schlaffis sind.

Nach 5 1/2 Stunden hatte ich evtl. Kontakt mit dem Besenwagen, von einem Zeitlimit war mir nichts bekannt, jedenfalls bot mir jemand an, mich mit dem Auto ins Ziel zu fahren, ich lehnte aber ab und lief / wanderte noch 12 weitere Minuten...


...und dann war ich endlich fertig. Für das XL-T-Shirt bin ich doch noch nicht fett genug. Anscheinend waren das hier keine afrikanische Größen, sondern Importe aus U.K., Größe M passte, und so habe ich nun 2 Shirts.


Und da ich heuer noch nicht genug geschwitzt hatte, machte ich mich am Nachmittag auf den Weg in die Sauna.


Sie befand sich in dem weißen Gebäude. Der Eingang führte durch den Supermarkt. Da ich jetzt nicht meine Kamera mitschleppte, machte ich die Aufnahmen erst am verregneten Montagmorgen. Während eines Trainingslaufs am Samstag war mir das Schild "Sauna" aufgefallen...da sollte man doch denken, es wäre in Afrika warm genug, aber die Skandinavier haben ihre Kultur wohl weltweit exportiert, zwei Männer waren schon in der gut geheizten Bude drin...Kosten: 4.000 RWF inklusive Tee.


Und diesen verregneten Montagmorgen wird wohl auch die Restaurantbedienung so schnell nicht vergessen. Hier saß ich, und nicht nur das Regenwasser, sondern auch das "mützig" floss in Strömen. Im Hintergrund ein Kinderspielplatz...dieser Marathon ist also auch für kinderreiche LäuferInnen geeignet...alles nur eine Kostenfrage.


Vor meiner Abreise Richtung Tansania fragte ich nach einer Ergebnisliste. Im Büro lagen nur die Einlauflisten mit Platzierung, Startnummer und Zeit. Man bot mir an, diese zu kopieren...fragte, ob ich nur die Zeiten haben möchte oder auch die Starterliste...aber die Namen der Athleten sagen mir ja eh nichts...ein Mann packte die Listen und fuhr mit dem Auto zum Copyshop...Büro ohne Kopiergerät, bei uns undenkbar.


Und während ich so wartete, entdeckte ich einen Zeitungsständer...


...mit einer 54 Tagen alten Zeitung.


Als der Mann mir die Kopien überreichte, blätterte ich sie kurz durch...Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser...da fehlte doch die letzte Seite. Dann begab sich der Mann auf die Suche und stellte fest, dass er dieses Originalblatt in seinem Auto vergessen hatte, als er zum Kopieren ausstieg...also lichtete ich das Original als Nachweis ab. Als ich zu Hause war, bekam ich eine Mail der Veranstalterin mit meiner Zeit und mitlerweile ist die Ergebnisliste auch online.

Kurz vor dem Wendepunkt der zweiten Runde sah ich eine dunkle Dame, die ebenfalls von einer Kinderschar begeitet wurde. Aber als ich dann mehr wanderte als lief, machte ich mir keine Hoffnung mehr, sie einzuholen. Wenn ich mir die Ergebnisliste so ansehe, hätte es nicht der letzte Platz sein müssen...da habe ich dann in einem der Folgejahre noch was gutzumachen.


Erst am Nachmittag startete ich meine Reise. Als wir zum Tanken anhielten, entdeckte ich dieses Schild. Am Sonntag nach dem Marathon hatte ich vergeblich ein Taxi gesucht, welches mich hätte in den Park bringen können. Taxen gab es zwar, aber die dazugehörigen Fahrer waren nicht zu finden. Dieser Ort (Kabarondo) sah aber auch etwas größer aus, und ich werde nächstes Mal dann auch hier für einige Tage meine Zelte aufschlagen...heute wäre der Parkbesuch eh verregnet gewesen. Da ich nicht genau wußte wo Avega liegt und vermutete, dass es in diesem Dorf evtl. keine Geldautomaten gäben könnte, hatte ich in Kigali mehrmals diese elektronischen Kästen geplündert, um genug Geld für Parkeintritt und Transfer zu haben. Da ich jetzt noch ca. 450 Euro in ruandischer Währung habe, muss ich dieses Land erneut besuchen.


Bei dem Busunternehmen, mit dem ich gekommen war, schien Geld knapper zu sein...nur 5,8 Liter getankt, gerade mal so das Minimum erreicht.


Aber immerhin durfte ich hier den afrikanischen Amarula trinken - beim HVV hätte ich da sicherlich Ärger bekommen.


Umsteigen in Ngoma


Fahrradtransport ist auch in Ruanda möglich...eine Radtour durch diese gebirgige Land allerdings eine mehr als sportliche Herausforderung.


Die Fahrt zur Grenze war doch noch langwierig und es dunkelte schon. Einen Grenzübertritt hatte ich für heute auch nicht mehr vorgesehen...wer weiß, wo ich da zu welcher Zeit landete. Und die wartenden LKWs am Schlagbaum deuteten auch darauf hin, dass der Grenzübergang in der Nacht geschlossen war. Der Bus brachte mich direkt vor die Tür eines Hotels. Und als ich ankam, fiel der Strom aus.


Kerzenschein auch beim Abendessen...leckere Fleischspieße zu vernünftigen Preisen. Früh morgens brach ich auf. Angeblich sollte um 8:00 Uhr Tansaniazeit gleich hinter der Grenze ein Bus der Firma "Express" abfahren. Gestern abend wollte mir jemand im Bus schon ein Ticket für 5.000 RWF verkaufen, aber das war mir alles zu unsicher.

Auf der anderen Straßenseite von meiner Unterkunft sah ich den Grenzzaun auf einem ziemlich hohen Wall. Ich ging die Straße zurück zu dem Platz, wo gestern die LKW gewartet hatten und folgte dann der Straße über die Grenze. Es gab auch eine Abkürzung; ich ging aber davon aus, dass diese Treppe nur für die Bauarbeiter auf ihrem Weg zur Arbeit vorgesehen war. Mitten im Niemandsland sah ich später eine riesige Baustelle. Und im Grenzgebiet wollte ich nicht unangenehm auffallen. Evtl. musste ich ja wieder nach Ruanda zurückkehren, da ich noch kein Visum für Tansania hatte. Ich hatte die Botschaft in Berlin angemailt, und bekam die Antwort, dass ein Visum für Tansania vor Reisebeginn beantragt werden muss, auch wenn es in der Praxis häufig an der Grenze ausgestellt wird. Da kurz vor dieser Afrikareise aber noch die Clubreise war, wollte ich meinen Pass nicht wegschicken.

Und nun passierte ich zwar den einzigen Grenzübergang zwischen Ruanda und Tansania aber Einen kaum von Touristen frequentierten. Außer den bereits erwähnten Bauarbeitern, Lastern und einigen Boda Bodas sah ich auch niemanden. Nachdem ich den Ausreisestempel erhalten hatte folgte ein langer Spaziergang...gefühlt über einen Kilometer lang...links und rechts der Grenzzaun, dahinter Häuser...fand ich interessant, dass das Grenzgebiet so besiedelt ist. Dann sah ich aus der Entfernung einen Soldaten. War ich schon auf der anderen Seite? Nein, das Vorhandensein des Ausreisestempels wurde kontrolliert, und dann überquerte eine Brücke den Grenzfluss...rechts ein riesiger Wasserfall. Jetzt sah ich die Baustelle und nach einer Bergaufpassage hinter parkenden LKW versteckt den tansanischen Grenzposten.

Ich wurde gefragt, ob ich schon mal in Tansania war...das ersparte das Fahndungsfoto, falls die Überhaupt eine Kamera hatten, denn im Gegensatz zu den anderen afrikanischen Grenzübergängen, welche ich bisher kennengelernt hatte, waren am Tresen keine technischen Einrichtungen für Bilder und Fingerabdrücke sichtbar. Ich wurde nur um etwas Geduld und 50 Dollar gebeten.


Nach wenigen Minuten kehrte der Grenzer aus einem Nebenraum mit meinem Pass inklusive Stempel und einer Quittung zurück Einen Visumantrag brauchte ich wie auch schon bei der Einreise nach Uganda nicht auszufüllen. Auch Registrierscheine gab es hier nicht, aber die sind an afrikanischen Grenzen auch nicht immer vorhanden und werden nicht regelmäßig ausgefüllt...frage mich nur, was das Ganze dann noch für einen Sinn macht. Zwischenzeitlich hatte ich bei jemandem Geld gewechselt...aber nur ein Bisschen, denn der Kurs war nicht so doll: 2 Tansania Shilling für ein Ruanda Franc


Um 8:02 war ich in dann im Dorf Rusumo...von dem erwähnten roten Express-Bus war nichts zu sehen, und eine überpünktliche Abfahrt in diesem Land eher unwahrscheinlich. Um 10:00 Uhr fuhr aber tatsächlich ein blauer Express-Bus...praktisch ca. eine halbe Stunde später...also konnte ich noch in diesem Guest House frühstücken...Tee und rote Bohnen...und bei unserer Abfahrt sichtete ich dann sogar einen roten Express-Bus, wo der jetzt auch immer herkam...


...und dann ging es auf große Fahrt...ca. 4,5 Stunden bis Kahama...und ich wieder mal in der ersten Reihe...Fortsetzung folgt...


дружба 
Товарищ René 
in Europa zu Hause 
manchmal auch in anderen Teilen der Welt zu Gast



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4 Kommentare

Seite 1 von 1 1

Nr. 1   Kieselbach schrieb am 09.08.2014 - 15:12 email

Dein Kommentar

Hallo Rene, gerade gesehen an den Landungsbrücken im blauen Licht und nun dieser Bericht. Und ich dachte Italien wäre schon nicht einfach, aber Dein Bericht zeigt uns doch eine ganze Menge. Ein sehr schöner Bericht wie immer von Dir insbesondere mit den Bildern. Aber eine Clubreise auf diesen Kontinent wird mir meine Familie verweigern. Dennoch lese ich mit grosser Begeisterung Deine Berichte und stelle mir eine Menge an Fragen. Weiter so Rene Von Dr. No dem Alten Mann

Nr. 2   Mario schrieb am 10.08.2014 - 01:20 email

650 ₤ Startgebühr!

Respekt, Lauf-GENOSSE.

Nr. 3   von Palombini schrieb am 10.08.2014 - 22:57 email

René, auch ich habe mit großer Begeisterung Deinen Bericht verschlungen. Ich bewundere Deine umgesetzte Afrikaliebe, ich denke, Du vollführst das Abenteuer, wovon viele von uns träumen, aber es nicht anzugehen wagen...

Gruß Jobst

Nr. 4   Arne Franck schrieb am 11.08.2014 - 06:46 email homepage

Hallo René´, erneut ein toller aufwendiger Bericht! Warte auf die Fortsetzung ... Big Grins Big Grins Big Grins