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Mittwoch, 30.09.2009 | von: ms

Spartathlon 2009 - Bericht von Mario Sagasser

Gänsehaut pur, als ich nach 240 km am Samstag Mittag Sparta erreichte. Denn mit dem Erreichen der Stadtgrenze bekamen wir eine Polizei-Eskorte, damit wir nicht zu eng überholt würden und uns auch ansonsten voll auf die letzten Kilometer konzentrieren konnten. Da ich entsprechend der letzten Kilometerangaben (die gab es immer an den Verpflegungsstellen a) bis zur nächsten Station und b) bis ins Ziel) noch auf eine Zeit ganz knapp über 30 Stunden kalkulierte, war ich 12 km vor dem Ziel zu dem Polen Piotr Kurylo aufgelaufen. Da wir uns auch vorher mehrfach überholt und mitgezogen hatten, haben wir einen gemeinsamen Zieleinlauf vereinbart. Wir rannten also wie die Irren im 5er (!)-Schnitt dem Ziel entgegen, als der 75. und somit letzte Verpflegungspunkt kam. Nur leider war das nicht das Ziel! Es sollten noch gut 2 km folgen, die ich nun wirklich hechelte. Inzwischen hatten sich zu der Polizeieskorte noch Kinder auf ihren Fahrrädern gesellt – sie fuhren vorweg und hielten den Weg vorne frei. Je näher wir der Innenstadt kamen, desto begeisterter wurden die Spartaner, die in ihren Gärten, auf den Fußwegen und Terrassen standen und uns zujubelten. Bereits am Freitag durfte ich bei den Aufmunterungshupen der Auto-, LKW und Busfahrer erfahren, dass die nach oben gereckte Faust nicht aggressiv zu verstehen ist, sondern vielmehr ein Schlachtruf. Also riss auch ich nun immer wieder meine Faust nach oben und brüllte „Sparta!“ (Tja; doch nicht so cool, die Norddeutschen. Aber nach 246 km musste und wollte sogar ich mal meinen Gefühlen freien Lauf lassen.)

So schafften wir also das Reststück und gingen Hand in Hand zur Statue des König Leonidas und küssten seinen Fuss nach 30:16:59 Stunden.



Was nun passierte, hatte ich zwar gehört, es aber leibhaftig zu erleben, ist doch etwas ganz anderes: ein offizieller Vertreter der Spartathlon-Vereinigung beglückwünschte uns, zwei junge Damen in altgriechischen Gewändern setzten uns Lorbeerkränze auf und reichten eine Schüssel Wasser aus dem Fluss Eurotas zur Erfrischung.
Ich fühlte mich wie ein Olympiasieger.



Nachdem Zielfoto wurde ich in ein Zelt zur Erstversorgung geführt: dort wurden meine Füsse in lauwarmen Wasser mit Öl gebadet, Handtücher und trockene Sachen gegeben und auf einer Liege konnte ich unter einer Decke entspannen. Es wurde massiert und da ich leichte Brustschmerzen hatte, wurde sogar sofort ein EKG gemacht – es gab aber zum Glück keine Auffälligkeiten. Nach Getränken und einem Sandwich wurden meine Laufsachen in Beutel verpackt und ich wurde in einem Taxi ins Veranstaltungshotel in Sparta gefahren. Dort gabs eine warme Dusche, trockene Kleidung und endlich etwas Herzhaftes zu essen. Danach ging ich wieder an die Strecke, um die Finisher der letzten 2,5 Stunden anzufeuern: darunter auch der eine oder andere, mit dem ich am Vorabend oder in der Nacht gelaufen war. Es kamen noch so bekannte Läufer wie Marika Heinlein, Anja Runtze (vormals Hoier), Hubert Karl und Wolfgang Olbrich aus der deutschen Gruppe ins Ziel. (die Liste ist nicht vollständig). Nun konnte ich die Begeisterung weitergeben und freute mich mit jedem, der es schaffte.

Nach dem Abendessen traf sich die gesamte Läufergemeinde, denn auch die Nicht-Finisher und Betreuer waren nach Sparta gefahren, mit den Veranstaltern und den Bewohnern Spartas auf dem Marktplatz, um die Sieger zu ehren und alle Finisher namentlich zu verlesen. Dazu gab es griechische Folklore- abgeschlossen wurde der Abend mit einem Feuerwerk.



Der nächste Vormittag stand bei etwas besserem Wetter für weitere Fotos mit der Leonidas-Statue zur Verfügung – außerdem konnten die Teilnehmer ihre nach Sparta weitergelieferten Verpflegungssäcke (drop bags) abholen. Auch hier war ich begeistert, denn alles war angekommen. Selbst Sachen ohne Nummer (wie meine Lampe) waren in eine Tüte gesteckt worden und mit Startnummer versehen in Sparta angekommen. Super.

Zum Mittagessen erhielten alle eine Einladung vom Bürgermeister Spartas. Da ich gehört hatte, dass in den 30 Stunden gut 18.000 kcal verbrannt wurden, habe ich auch diese Mahlzeit genossen. Dann gings es per Bus zurück nach Athen, mit Zwischenstopp in Korinth, so dass sich jeder noch einmal den Kanal in Ruhe anschauen konnte, den wir am Freitag im Laufschritt passiert hatten.



Zu diesem Zeitpunkt war ich zwar schon eine gute Stunde im Plus gegenüber der cut-off-Zeit, aber ich wollte nicht zu früh großzügig werden. Und das war auch gut so, denn diese Zeit nahm ich mir nach Kilometer 100, als griechische Kinder mit ihren Schulheften um Autogramme baten. Ich schrieb gern hinein und darf sagen, dass es ein sehr beflügelndes Gefühl ist, seine eigene Unterschrift, mit Startnummer und Vereinsnamen auf Papier zu sehen. Die Frage, ob sich die Kinder oder ich mich mehr gefreut haben, bleibt offen.

Überhaupt haben immer wieder die Kinder, die uns Läufer bis spät in die Nacht in den Orten auf ihren Fahrrädern begrüßten und nach Namen und Herkunftsland fragten und uns Glück wünschten, für zusätzliche Motivation gesorgt. Aber auch die freiwilligen Helfer an den 75 Verpflegungsstellen waren klasse. Zum Glück war ich so gut davor, sowohl zeitlich als auch körperlich (ich konnte sogar im Ziel noch gehen, hatte keine Blasen und bis auf Muskelschmerzen in Brust und Bauch sowie Verbrennungen an Oberschenkel und Waden von meinem Eisspray keine weiteren Beschwerden), dass ich jede Versorgung in Ruhe genießen konnte, ohne in Gefahr zu laufen, an der nächsten Station den zeitlichen KO-Stoß zu erleben.

Aber weiter nach Athen: am Montag Abend galt es sich zum offiziellen Festbankett herauszuputzen, denn hier wurden alle Finisher mit Rede, Medaille und Urkunde geehrt.
Nach dem Buffet incl. hervorragenden Desserts (und 18.000 kcal sind eine Menge Desserts;-)) wurde die Spartathlon-Veranstaltung 2009 beendet mit der Einladung fürs nächste Jahr, wenn der Lauf seinen 2.500-ten Jahrestag feiert.



Überreichung der Medaille noch einmal Seite an Seite mit Piotr


Ab jetzt begannen die (manchmal sehr emotionalen) Abschiede innerhalb unserer Läufergemeinde, die denen einer Klassenreise doch sehr ähnelten. Schließlich hatten wir teilweise 6 Tage gemeinsam verbracht, gelitten, geschwitzt und tw. sogar die Betten geteilt.

Abschließend möchte ich Dagmar Liszewitz und Wolfgang Olbrich danken, die durch ihre Beratung im Vorwege und Diskretion nach der Anmeldung eine „ruhige“ Vorbereitung ermöglichten. Dank auch an Marianne Dahl, die mir seit der letzten Runde beim 60km-Lauf in Ellerdorf, ebenso erfahrene wie wertvolle Tipps gab.
Und natürlich an Doris (meine Frau), die zu Hause die Zügel fest im Griff hielt und mich nach der einen oder anderen katastrophalen Nacht in Athen wieder zum Lachen gebracht hat. Außerdem hat sie das ganze Projekt von Anfang an positiv unterstützt: danke mein Schatz!



Sieger-T-Shirt zu Hause mit Startnummer, Teilnehmerausweis, Medaille, Lorbeerkranz, Urkunde und "Hinsteller"

Herzlichen Dank auch für die vielen Glückwünsche per mail und Telefon, die tw. direkt nach meinem Zieleinlauf zu Hause eintrafen – da gab es also doch ein paar Mäuschen, die schon etwas ahnten, sich aber dankenswerterweise still verhalten haben.


Hier noch das eine oder andere Foto, von Club-Mitgliedern und Bekannten:


Ralf Simon


Dagmar Liszewitz mit Wolfgang Olbrich


Freunde aus Dänemark: 2*Brian, Michael und Kent


Michele Rizzitelli und Angela Gargano

Anja Runtze




Mario „Mataton“ Sagasser


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3 Kommentare

Seite 1 von 1 1

Nr. 1   Claudi schrieb am 01.10.2009 - 09:12 email

Hej Mario,

 

super-schöner Bericht, den ich begeistert "verschlungen" habe und nochmals herzlichen Glückwunsch zu der Leistung, das kommt allemal mind. einem Olympiasieg gleich! Wären da nicht 200 km zu viel, könnte ich mir diesen Lauf auch gut vorstellen Big Grins Big Grins

Liebe Grüße

Claudia

Nr. 2   André Dreilich schrieb am 02.10.2009 - 09:47 email

Herzlichen Glückwunsch! Toller Bericht - und gleich war mein "Gänsehautgefühl" von 2005 wieder da ... nur gut, dass meine Regierung mir den Spartathlon für 2010 nochmal genehmigt hat.

Alles Gute

André Dreilich

Nr. 3   Silke schrieb am 08.10.2009 - 22:03 email

Lieber Mario, ich möchte Dich ganz herzlich beglückwünschen!! Ich habe mit Euch allen mitgefiebert, die ihr da diese Anstrengung auf Euch genommen habt. Und ganz besonders hat mich natürlich Anja beeindruckt, die ja gerade erst ein so tolles 24h Rennen abgeliefert hatte. Dein Bericht ist sehr schön, ich war ja mal als Betreuer beim Spartathlon und eine andere Rolle würde ich mir bei diesem Lauf auch heute noch nicht zutrauen. Meine Bewunderung für Euch ist riesengroß.