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Dienstag, 13.09.2005 | von: mw

13. Jungfraumarathon Interlaken

13. Jungfraumarathon  Interlaken (Schweiz)….“Freude schöner Götterfunke“

 
Lange stand einer der schwersten und schönsten Marathonläufe der Welt,der 13.Jungfraumarathon auf der Kippe. Die Folgen der Hochwasserkatastrophe vor 3 Wochen waren zu schlimm. Nur der unermüdliche Einsatz von ungezählten Helfern nicht nur beim Veranstalter, sondern auch in den Gemeinden, macht die Durchführung doch noch möglich. Wir Läufer/innen bringen Ihre Dankbarkeit und Ihre Solidarität nicht zuletzt mit einer Spendenaktion zu Ausdruck.

Letztes Jahr wurde ich ja bei km 38 wegen überschreiten des Zeitlimits rausgenommen.

Das war zu dem Zeitpunkt doch eine Nummer zu groß.Aber da hatte ich noch unter meiner Therapie mit Spritzen, wegen der Leukämie zu tun. Wer meine Berichte verfolgt, hat ja mit bekommen, das seit Okt.2004 damit Schluß war und ich auf Tabletten umsteigen konnte. Nach anfangs Schwierigkeiten sind mir diese ja immer besser bekommen. Seitdem fühle ich mich wohler und meine Leistung hat sich in den letzten Monaten deutlich gebessert.

So habe ich im 2.Halbjahr bis auf meinen 2  wöchigen  Urlaub im Oktober volles Marathonprogramm. Als ich im Juli von Heiner seinem Glück bei der Verlosung eines Startplatzes erfahren habe, dachte ich noch, schade da wäre ich doch noch mal gerne dabei gewesen. Ich setzte im Gästebuch des Veranstalters meinen Wunsch nach einer Startnummer hinein. In dem Moment bietet gerade einer seine wegen Verletzung an. Gleich hingemailt und mit Martin heißt er gleich alles in die Wege geleitet und am nächsten Tag stand ich bereits vom Organisationsteam in der Starterliste .Glück gehabt.

Dieses Wochenende sollte ja mein freies sein.

Da wurde nun nichts draus. Da Heiner erst am späten Abend mit dem PKW dort ankommt und mit Brigitte aus Hildesheim auf einem Campingplatz im Auto übernachtet, zog ich es vor mit der Bahn anzureisen und Sonntag mit Ihm zurück.

So sah dann der Freitag aus. VHV Kollegin Claudia holte mich in Heyersum ab. So war ich 7:00 Uhr zur arbeit erschienen.11:00 Uhr zum Bahnhof und 11:41 Uhr mit dem Zug über Basel nach Interlaken. Ankunft 19:00 Uhr. Mein Hotel gleich gegenüber des Westbahnhofes und 19:30 Uhr war ich bereits im Kursaal des Casinos um noch das Rahmenprogramm am Vorabend des Laufes, die Nudelparty,  die Messe und natürlich das abholen der Startnummer zu erledigen. Das sollte sich auch keiner entgehen lassen. Fetzige Guggemusik und eine Rockband begeistern die Anwesenden. Der Saal ist fast vollbesetzt. Auf den zahlreichen Bildschirmen ist der Lauf von 2004 zu sehen.  Die aktuelle Wettervorhersage wird ausführlich erläutert. Hier sind alle eine Familie.

Danach gehe ich zum Hotel, die Reise und das frühe aufstehen am Freitag machten etwas müde. Schlafen konnte ich die Nacht ganz gut denn ich machte mir kaum Hoffnung diesen Lauf in der knapp bemessenen Sollzeit von 6:30 Std. zu schaffen.

8:15 Uhr machte ich mich mit meinem Kleiderbeutel auf den Weg zum Start und schon war ich in 5 min.da. Ich hielt Ausschau nach Heiner, ist er überhaupt angekommen ??

Neben dem Kurhaus werden LKWs mit den Läuferklamotten beladen.Alles durcheinander ohne Sortierung von Nummern. Kopfschütteln bei den einen, Gelassenheit bei denen die das schon kennen.

Auf dem Startgelände stimmen Alphornbläser und Fahnenschwinger Teilnehmer und  Zuschauer auf das Großereignis ein. Noch einmal wird uns bestes Laufwetter versprochen. Regen erst am Nachmittag, aber wer weiß das schon genau in der Bergwelt hier. Im Moment sind 15 Grad, bedeckt und die Wolken hängen tief.

Der Sprecher weist noch mal auf die großen Unwetterprobleme hin und dankt allen Helfer/innenn aber auch der Bevölkerung, für Ihren unermüdlichen Einsatz. Tosender Applaus, Bravo Rufe und die La-Ola-Welle waren unser Dankeschön.

Punkt 9:00 Uhr der Startschuss, gefolgt von lauten Böllerschüssen, Riesenapplaus der Zuschauer und 4000 Läufer/innen setzen sich in Bewegung.Erst mal eine Runde durch Interlaken. Schon nach einem km die erste Guggemusik .km 3 kommen wir wieder am Start vorbei und der Jubel kannte keine Grenzen. Heiner habe ich immer noch nicht gesehen.

Es geht Richtung Brienzer See. Das Feld war schon so auseinander gezogen,dass jeder seinen Rhythmus gefunden hat Böningen(568m).Eine Musikkapelle spielt auf. Viele Leute haben sich vesammelt und klatschen was die Hände hergeben. Rechts und links die Burschen mit Ihren übergroßen Glocken sorgen für einen lauten Sound. Sogar mein MP3 Player bleibt vor Schreck stumm.

Auf dem weg nach Wilderswil(585m)km 10 führt die Strecke am Flüsschen Lütschine entlang, der immer noch ein reißender Fluss ist und wie das hier wohl vor 3 Wochen ausgesehen hat. Hin und wieder sieht man noch Schuttberge und Schwemmholz. Aber der weg ist super zu laufen. Nach der Holzbrücke geht es leicht ansteigend über Gsteigwiler und Zweilütschinen(652m-15km)nach Lauterbrunnen(810m-21km).Ich höre vom Sprecher mit der Nummer 3214 Wolfgang Schwabe Nordstemmen Deutschland.  Mein Blick auf die Uhr 2:17 Std.also 4 min schneller als 2004.Die Straße in Lauterbrunnen ist bunt geschmückt, die Menschen stehen dicht gedrängt, keiner hat die Hände in den Taschen, alle machen mit. Eine unvergessliche Stimmung. Ich treffe Klaus und sage Ihm mutig, heute schaffe ich es. Die Strecke führt weiter ins Tal hinein, bis es auf der Fahrstrasse wieder Richtung Lauterbrunnen gelaufen wird. Auch hier findet ein Marathonfest statt mit buntem Rahmenprogramm. Bei km 25 wird Trümmelbach erreicht.

Jetzt ist Schluss mit lustig. Über 26 Serpentinen geht es hinauf durch den Wengwald nach Wengen(1284m-30km)20% Steigung über 3 km.S chmerzhafte km. Ich versuche zügig zu gehen. Alle 250 Meter kommt ein km Schild. km Schnitt von 13-16 min. Aber alles hat mal ein Ende. Die ersten Häuser von Wengen in sicht und ein Fahnenschwinger und viele Menschen empfangen uns hier in dem weltbekannten und autofreien Skiort. Alles ist festlich geschmückt, der Lauf durch den Ort ist ein Genuss und Ansporn für die letzten 11 km wo noch mal  1000 Höhenmeter zu überwinden sind. Gleich nach Wengen geht es auf befestigter Strasse in wechselnden Steigungen über Haneggschuß(1585m-34km)zur Mettlenalp(1720m-36km)Dazwischen wird die Strecke der weltbekannten Hahnenkamm-Abfahrt gequert.

Es fängt an leicht zu regnen. Die 3 Berge Eiger Mönch Jungfrau haben sich im Nebel versteckt. Ich sehe in der Ferne die Moräne, wo sich die Läufer/innen wie bunte Perlen an der Schnur an einander reihen, das flößt wohl jedem gehörigen Respekt ein. Seilbahn Wixi(1.830 m-38km)Wer hier nach 5:30 Std. ankommt wird sofort aus dem Rennen genommen. Das war ja mein Schicksal letztes Jahr und ein Blick auf die Uhr 5:10 Std.Ich hatte diese Hürde geschafft. Mit Ehrfurcht schaute ich hoch zur Moräne, wo irgendwann gen Himmel die Läufer/innen im Nebel verschwanden. Erst noch mal 200 Meter leicht bergab und ein dicker Stein machte sich in meinem Schuh breit. Auch das noch. Danke noch mal an das Ehepaar die sich dann 2 min. mit mir beschäftigten. Sie hielt mich fest und er zog mir den Schuh aus ,holte den Klumpen raus und zog Ihn mir wieder an.

Nun ging es wieder, erst durch ein kleines Waldstück steil nach oben jenseits der Baumgrenze.

Das herrliche Panorama hier sonst atemberaubend verdeckte der diesige Nebel und der immer stärker werdende regen. Auch in diesem unwegsamen Gelände gab es alle 10 min. was zu trinken.Verpflegungstellen die vom Hubschrauber hoch gebracht wurden. Jetzt gehörte auch ich zu dieser Perlenkette. War froh wenn es vor mir mal stockte. Kurz durchatmen und weiter hinter dem Vordermann her.Der Weg wurde immer schmaler, rechts und links Abgrund, einige sitzen hier schon vollkommen fertig und ich fing an zu beten. Bloß keinen Krampf, dann ist Feierabend.Ein Läufer hängt inzwischen am Hubschrauber ,so würde es mit mir auch enden. Bloß keinen Krampf, kein Blick nach recht oder links,  da wurde mir sofort schwindelig.

Ich schaute nur noch auf den Fuss vom Vordermann. Das mein MP 3 Player noch Musik spielte merkte ich schon gar nicht mehr. Volle Konzentration. Den stellte ich jetzt aus. Denn gleich muss er kommen Roman Kaeslins Dudelsack. Er ist noch lange nicht zu sehen, aber ich höre Ihn schon.“When the saints goes marchin in“Zu“Freude schöner Götterfunke“ taucht das lebende Wahrzeichen des Jungfraumarathon dann am höchsten Punkt(Eigergletscher 2205m)aus dem Nebel auf. Dieser stimmungsvolle Moment geht unter die Haut. km 41 ein Blick auf die Uhr.Für den letzten km habe ich 23 min. gebraucht,aber der eine km hatte 240 Höhenmeter.6:00 Std. rum und nur noch 1,2 km leicht abfallend zum Ziel. Ich versuchte die noch laufend zu machen. Mit kurzer Unterbrechung wo sechs Helfer uns Läufer noch über einen Felsen helfen laufe ich ins Ziel an der Kleinen Scheidegg. Diesen Moment kann man nicht beschreiben das muß jeder selbst erleben.Gegenseitiges abklatschen im Ziel und jeder gratuliert jedem. lle bekommen eine Medaille und ein Erfrischungsgetränk. Weiter unten der Verpflegungsbereich mit Iso,Wasser,Boullion,Riegel,Bananen und das Birnenbrot aus der Region. Gegen Rückgabe des Leihchips bekommt man das Funktios- Finisher-Shirt.

Dann der spannende Moment im Kleiderdepot. Die Kleiderbeutel wurden ja in Interlaken wahllos auf die LKWs geworfen. Jetzt sind sie im großen Bahnhofsdepot fein säuberlich nach Nummern sortiert. Und schon habe ich Ihn. Warme Duschen gibt es hier auch genug. Für alles ist gesorgt.

Dort treffe ich endlich auch Heiner.Wir gratulierten uns und vergleichten unsere Zeit.

Meine 6:08:31 Std. Heiner 6:08:40 Std. Kaum zu glauben 9 sek. war ich schneller.

Die Rückfahrt nach Interlaken folgt wegen der Hochwasserchäden ausschließlich über Lauterbrunnen.Da war der Zug natürlich rammelvoll und ich ohne Sitzplatz musste mich dort noch auf den Beinen halten. Aber es läuft geordnet ab. Bei allen überwiegt der überwältigende Eindruck des Erlebten und die Dankbarkeit dabei zu sein.

Abends wurde noch bei Essen und Bierchen der Tag verarbeitet.

Sonntag 9:00 Uhr ist Heiner mit Brigitte die mein Los vom letzten Jahr erlebte.Sie kam 1 min !!!!! zu spät bei km 38 an und wurde dort als 3 aus dem rennen genommen. Da sind die Schweizer rigoros. Wir beschlossen noch auf der Rückfahrt auch 2006 hier wieder dabei zu sein.

Damit ist ein kleiner Traum für mich wahr geworden.

Wolfgang Schwabe.


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