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Montag, 09.05.2011 | von: rw

Debrecen

Als ich am Ostermontag 1999 vom Parismarathon kommend mit Michael von Hannover nach Landwehrhagen fahren wollte, fragte er: "Was läuft in 2 Wochen?" Auf die Antwort "Werdau" erfolgte die nächste Frage: "Gibt's nichts Spannenderes?" Ja das gab es, einen Marathon während der NATO-Luftangriffe in Belgrad. Gemeinsam mit Heinz nahm er damals an diesem Gruppenlauf mit strengem Zeitlimit (geplant waren erst 3 Stunden, dann 3:15, es wurden dann 3:17) teil.

12 Jahre später in Friedenszeiten entschloss ich mich, diesen Marathon auch mal zu laufen. Und da 1 Marathon für eine Reise etwas wenig ist, entdeckte ich im Internet den Lauf in Debrecen.


Laut Plan sollte ich um 8:00 Uhr mit der S-Bahn von Bergedorf fahren. Bei der Fahrradhotline der DB sowie einer Rückfrage bei einem Kontrolleur erhielt ich zwar die Info, dass die HVV-Sperrzeiten für Fahrradmitnahme nicht gelten, wenn eine Fernverkehrskarte vorliegt, aber da ich keine Lust auf Diskussionen mit anderen Fahrgästen während der Hauptverkehrszeit hatte, deponierte ich tags zuvor mein Rad auf der Arbeit in Billstedt (liegt ja quasi auf dem Weg).

Mit dem Europa-Spezial Ungarn und BahnCard 25 kostete mich die Fahrkarte von Hamburg nach Budapest nur 29,25 Euro + 10 Euro Fahrradkarte + 4,50 Euro Reservierung - muss natürgleich gleich am 1. Tag der Vorverkaufsfrist also 92 Tage vor der Reise gebucht werden. Bei der Rückreise war dieses Angebot allerdings schon am 1. Verkaufstag um 7:00 Uhr ausverkauft, daher wechselte ich in Berlin auf den Nahverkehr. Fahrkarten mit Fahrradmitnahme sind nicht über das Internet buchbar. Die Damen der Fahrradhotline - erreichbar ab 8:00 Uhr unter Tel. 01805-151415 - waren sehr nett.

Ich verlies den EC dann vorzeitig in Vác, damit ich in der Nacht nicht den Weg aus der Großstadt Budapest erfragen musste. Als ich den Schaffner fragte, auf welcher Seite der Ausstieg sein wird, sagte er mir, dass der Bahnsteig in Vác etwas kurz sei und ich mein Fahrrad vorher durch 4 Wagen schieben müsse. Durch die warme ungarische Nacht ging es dann nach Debrecen. Irgendwann kam ich von der Hauptstraße ab und fuhr 2 Dörfer zu weit. Die in der Karte eingezeichnete Verbindung zum Ursprungsweg entpuppte sich dann als Feldweg. Das kam mir etwas komisch vor, und als ich dann gegen Mitternacht an einem Teich entlang kam, platzte ich in eine Grillparty und fragte nach dem richtigen Weg.

Allgemein kann man aber sagen, dass die Beschilderung in Ungarn sehr gut ist. Die Orte sind die ganze Nacht sehr großzügig beleuchtet und bereits kilometerweit im Voraus sichtbar.
 

Irgendwann wurde ich dann doch müde und ruhte...


...mich nach 88 km einige Stunden in diesem Park in Jászberény aus.


Irgendwie mögen die in ungarischen Städten keine Radfahrer auf der Straße. Meist sind irgendwelche schmalen Fußwege mit jeder Menge Ausfahrten als Radweg ausgeschildert. Es interessiert aber kaum jemanden, wenn man sie nicht benutzt. Da habe ich in Dänemark bereits andere Hupkonzerte von Autos gehört, denen entweder die vierspurige Straße zu klein war bzw. sauer waren, wenn ihr tolles Radnetz nicht genutzt wurde. 


Dieser Anblick ist in Ungarn keine Seltenheit.


Und der Verkehr scheint dem Storch nicht zu stören.


Nachts hörte ich Frösche quaken und mehrmals im Gebüsch Tiere verschwinden. Bei Tageslicht wusste ich auch warum. Hier einige Landschaftsbilder.









Verpflegungspause in Sarud


Die Telekomiker waren schon da.


Und nach dem Essen sollst Du ruhn, eine Stunde gar nichts tun.


Wovor wird hier gewarnt?


Scharfe Rechtskurve bzw. für Geradeausfahrer Brücke ohne Geländer mit Absturzmöglichkeit in den Bach.


Brücke über das Gewässer Tisza nach Tiszafüred

Die Straße Nr. 33 führt durch einen Nationalpark Richtung Debrecen. Positiv fällt auf, das die Ungarn ihre Natur nicht so zumüllen wie es in vielen anderen Ländern geschieht. Und das geht hier auch ohne Dosenpfand!
























Hier hat jemand die Straßenüberquerung nicht überlebt. Wer solche Bilder nicht sehen möchte, sollte besser meinen demnächst auf dieser Seite erscheinenden Bericht "Rumänien / Serbien" gar nicht erst lesen.


Dieser alte Panzer aus 1944 steht in Hortobásatgy seit dem 9. Mai 1978.


500 Meter vor Debrecen das übliche ungarische Problem: Radfahren verboten aber kein alternativer Weg - also weiter.


Die Stadt war erreicht, und jetzt begann die Suche nach dem Veranstaltungsort. Der Text in der Ausschreibung war etwas mager: "Start and finish: near the CentralCemetery in the GreatForest"


Den großen Wald nähe der Uni fand ich recht schnell, aber der Friedhof war hier relativ unbekannt. Ich fuhr mehrmals hin und her, Verständigungsprobleme erschwerten die Suche.

Der Pförtner einer Sportanlage wusste nichts von einem Marathon und den Namen des Veranstalters kannte er auch nicht. Im Sporthotel erhielt ich einen Stadtplan und die Wegbeschreibung zum Friedhof. Da war aber kein Schild, welches auf eine Marathonveranstaltung hindeutete.

"Near..." stand im Ausscheibungstext, also noch etwas rumgekurvt. Nach wenigen 100m traf ich 2 Joggerinnen. Mal fragen...


...Edith läuft zwar nicht Marathon, wusste aber wo morgen der Start sein wird und hatte auch die Telefonnummer des Veranstalters. Kurzes Telefonat nach dem Ort der Nudelparty; sie fuhr dann mit dem Auto vor und ich hinterher...


...ob ich diesen Ort ohne Straßennamen wiederfinden werde? Ist auch nicht auf der Karte eingezeichnet, die ich im Hotel bekam.


Nudelparty mit Getränkeflatrate, T-Shirt, Startnummer für 4000 HUF, Chip für 1000 HUF Pfand

So und jetzt ging es zur Unterkunft. Ich hatte von Freitag bis Sonntag eine Ferienwohnung gebucht. Sie sollte 6 km vom Bahnhof entfernt sein - aber nicht in Richtung Friedhof, jedenfalls fuhr ich am nächsten Tag 15 km zum Start.

Mehrere Leute gefragt, ein Radfahrer brachte mich dann zu einer Tankstelle und sagte, die Straße sei richtig. Auf der Buchungsbestätigung war eine Telefonnummer angegeben, angerufen, dem Radfahrer das Handy gegeben, da weder Deutsch noch Englisch gesprochen wurde, noch 5 km. Also los, an einer Laterne hielt ich an um den Tachostand zu lesen (war schon dunkel) , damit ich nicht zu weit fuhr, kam ein Autofahrer von hinten und meinte, er zeigt mir den Weg, fuhr dann mit Warnblinker vorweg. Am Ziel hatte ich dann 261,3 Kilometer auf ungarischen Straßen hinter mir.

In der Unterkunft angekommen, fragte ich nach einem Restaurant, wurde aber nicht verstanden...dann die Frage der Gastgeberin "Ham Ham?"...wurde in die Küche geführt und bekam leckeres ungarisches Essen, anschließend noch ein Bier und irgendeinen selbstgemachten Schnapps. Hatte mich dann am nächsten Abend mit diesem österreichischen Bier revangiert, welches ich beim Austrian-Flug aus Zypern konsumiert hatte. Als ich das Bier im Supermarkt kaufte, sprachen mich 2 Studenten aus Nigeria auf Deutsch an - nein, sowas kaufen Ungarn nicht.


Am Samstagmorgen war der Start ausgeschildert.


8 Runden im Wald


Interessant: Auf den Startnummern stehen hier nicht die Vor- , sondern die Nachnamen


Die Streckenführung war ein Rechteck mit 4 Linkskurven.


ausreichende Zielverpflegung, während des Laufs gab's Schokolade und Bananen


Die Reise nach Debrecen hatte sich eindeutig gelohnt, mit meiner erneuten Teilnahme in den nächsten Jahren ist zu rechnen. Der nächste Termin wurde bereits auf den T-Shirts angekündigt: 21. April 2012


Das Streckenprofil stufe ich als etwas hügeliger als Teichwiesen ein.


Hier ging es das vierte Mal um die Kurve...


...auf die Ziel"gerade". Die Frau im Bild ist übrigens die Trainingspartnerin von Edith, die ich am Freitag traf. Heute musste sie leider arbeiten.


Streckenplan


Bei uns schon längst ausgestorben gibt es hier noch die Citibank.


City von Debrecen


Always hungry in Hungary.


Mit Musik...


...schmeckte das Essen gleich viel besser.


Der Preis richtete sich nicht nach Portion, sondern nach Gewicht. Ich bezahlte 2200 HUF.


noch ein Bild aus der City


Hier weis jeder, wann Gefahr besteht, denn das Schild "bei Nässe" können ja meistens nur die Landessprachenkundigen lesen.


Auf der Straße 47 bzw. E79 wieder das bekannte Problem. Edith, die ich an diesem Tag noch zweimal traf - sie wollte ihre Eltern besuchen - sagte zu mir, hier sind immer Radfahrer auf der Straße. Und einigen begegnete ich auch.




Hier hat jemand den Abstand Kreuzung - Schiene aber genau vermessen.


Dieser Vogel konnte nicht mehr fliegen - wohl etwas zuviel Straßensightseeing gemacht.


Willkommensschild in Berettyóújfalu - es gibt Ortsnamen, die sollte man lieber nicht auszusprechen versuchen.


Geht es hier zum Internetanschluss?




Landschaftsaufnahmen aus Furta


Überall findet man hier die Fahne der EU.


Landschaft an der Straße nach Komádi.


Die Fahrt zu dieser Raststätte...


...endete nach wenigen Metern vor diesem Tor.


Mir kam es so vor, als habe Ungarn das dichteste Bahnnetz Europas. In fast jedem Ort findet sich so ein Wegweiser zum Bahnhof.


Über diese Brücke ging es dann nach Gyula.




Diese Stadt hat eine alte Burg...


...aber Vorsicht!!!


Statt auf alten Mauern zu gehen, gibt es hier natürlich auch noch andere Sportarten.


Gyula ist auch die Stadt des Wassers und auf jeden Fall eine Reise wert.


Am nächsten Morgen habe ich dann noch einige Karten verschickt, aber wie? Im lokalen Postamt hieß es erstmal Nummernziehen. Nur da ich nicht wusste, wo ich drücken sollte, habe ich gleich mehrere Nummern gezogen, waren aber alle falsch.



Was wird mich jetzt ab hier erwarten? Irgendwie warnte mich jeder vor diesem Land. Im Oktober 2001 war ich bereits zweimal in Rumänien.

Erst fuhr ich mit Jürgen dem Laufteichert aus Nürnberg zum Doppeldecker Timisoara / Bukarest und zwei Wochen später mit meiner Mutter zum ausgefallenen Istanbulmarathon. Bei der ersten Reise warnte uns eine Rumänin und bei der zweiten Reise brachte uns der ungarische Liegewagenschaffner 'ne dicke Kette mit dem Hinweis, nach der Grenze die Tür zu verriegeln. Auch Edith aus Debrecen riet mir zur Vorsicht: "Rumänien ist nicht Ungarn".

Bei der Ausreise, wollte der ungarische Grenzer einen Kaufbeleg für mein Fahrrad sehen. Dachte er, ich wollte Diebesgut über die Grenze bringen? Da ich aber keinen Beleg dabeihatte, wollte er die Rahmennummer wissen (jetzt weis ich auch, wo die steht). Gestohlen wurde mir hier aber auch etwas...eine Stunde, die ich aber bei der Ausreise nach Serbien zurückerhielt.

Damit der Bericht nicht zu lang wird, bleiben wir in Ungarn. Über meine Erlebnisse in Rumänien und Serbien werde ich Euch später berichten.


Europäische Städte gibt es hier viele.


Ein Schild wies den Weg zu Hajos Schloss. Heißt so nicht ein bekannter Läufer und Ex-100er-Chef?




Aber wie wohnt denn so ein Sammler, der stramm auf die 2000 zuläuft?


Besuchen wir ihn doch mal.


Das Trainingsglände ist eindeutig kleiner als in Öjendorf.


"Herrschaftliche Jagd im Kreis des erzbischöflichen Landgutes" - heute müsste es heißen: Läuferische Jagd im Kreis der 100er Familie nach Medaillen, Urkunden und Pokalen


Kirmes, Geschenke auf dem Altar aus Dankbarkeit der Linderung von Muskelbeschwerden und anderen Läuferwehwehchen


Wein Marke Marathon


Ohne Zweifel: Hier sind die Hajos zu Hause.


Herrschaftlicher Salon


Arbeitszimmer


Sind das auch alles Marathonsammler?


Hier könnte man einen Indoormarathon veranstalten.


Zuschauerbänke stehen bereits im Prunksaal bereit.


Diese Autos sieht man in Ungarn immer wieder, und dabei wird bei VEB Sachsenring gar nicht mehr produziert. Wo bekommen die hier nur die Ersatzteile her?


Fußgängerzone von Kalocsa und der Beweis - kein Fahrraddiebstahl in Rumänien


In Foktö traf ich dann erstmals auf die ungarische Beschilderung des Donauradwegs.


Im Gegensatz zu Serbien gibt es hier keine Entfernungsangaben. Und die fehlen auch auf der Karte im Maßstab 1:100.000 "Donau Radweg von Budapest bis zum Schwarzen Meer". In die Karte wurden wohl nur die Daten übernommen, die von den nationalen Organisationen gemeldet wurden.


Diese Übernachtungsmöglichkeit in Harta war auch nicht in der Karte verzeichnet. Es dunkelte schon, und mein Vorderlicht war ausgefallen; da habe ich dann Leute nach einer Pension gefragt.


5000 HUF + 1000 HUF für dieses Frühstück


Beim Abendspaziergang entdeckte ich dieses Schild. Haben die bei der Post was zu verbergen?


Von Dunapataj über Harta nach Solt wurde eine neue Straße gebaut. Der alte Fahrweg ist als Radweg ausgeschildert.


Erste Begegnung mit der Donau in Ungarn.


Hier ging es aber nicht weiter.


Ein schöner Weg...


...mit Rasthäuschen...


...und Streckenkarte führte mich weiter.


Und es wird darauf hingewiesen, dass überall in Europa geradelt werden kann. Häufig werde ich gefragt, warum ich alleine unterwegs bin.

Und damit wären wir beim Thema Clubreise: Am 2. Oktober 2011 bin ich beim Budapestmarathon gemeldet. Am 16. Oktober soll es einen Marathon in Kiev geben http://kyivmarathon.org/ mögliche Ziele wären aber auch Zagreb oder Novi Sad (lt. Walleschvermessung etwas unter 400 km) mit Option zur Weiterfahrt nach Bukarest...Mitreisende und -läuferInnen willkommen. Zum Training bietet sich das "Dänische Doppel" an: http://www.100mc.de/bericht.html?&tx_ttnews[tt_news]=1231&cHash=cbd710344d


Manchmal gibt es auch Radermäßigung.



Wurde diese Anlage in einem Stück hierhergebracht?


Laut Karte führte der Weg mehrere Kilometer auf diesem Weg entlang. Der Weg war zwar durch Zeichen 250 gekennzeichnet, und auch nicht zügig zu befahren, aber was soll's.


Eis wurde angekündigt, gab es aber nicht, aber ein gekühltes Bier.. bzw. zwei.


Donau bei Domsöd


Hier führte der Weg über eine Brücke inklusive Stufen.


Knast am Stadtrand von Tököl - ob es hier auch mal einen Marathon nach Darmstädter Vorbild geben wird? Bis hierher war der Donauradweg sehr gut ausgeschildert, ...


...ich wechselte jetzt aber wieder auf die Hauptstraße, da die Wege in Donaunähe meist kein schnelles Vorwärtskommen und entsprechende Kilometer-Soll-Planeinhaltung zulassen.


Ankunft in Budapest nach ca. 1400 km und "nur" einem Plattfuß. Aus Belgrad hatte ich mir hier noch ein Bett im Hostel für eine kurze Nacht gesichert und am nächsten Tag (Donnerstag) brachte mich dann der EC 174 um 5:25 Uhr zurück nach Deutschland, wo ich meine Laufreise nach einer durchgemachten Nacht am Karfreitag gleich mit Arnes Fahrgemeinschaft zum Aalborg Brutal Marathon fortsetzte; das war dann richtig brutal.

Mein Fazit: Ungarn gerne öfter, hillfsbereite und gastfreundliche Menschen, relativ ruhige Straßen, schöne Landschaft, sehr sauber und preiswert


дружба
Товарищ René
in Europa zu Hause    
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2 Kommentare

Seite 1 von 1 1

Nr. 1   Silke schrieb am 11.05.2011 - 11:05 email

Hallo Towarisch Rene,

einmal mehr ein ganz doll schöner Bericht. So lernt man die Welt kennen. Das gefällt mir und war sehr sehr interessant. Hoffentlich kommst Du noch ganz weit rum, das wünsch ich Dir.

Liebe Grüße

vom Hoppelchen

Nr. 2   Michael Weber schrieb am 11.05.2011 - 15:10 email homepage

Hallo René,

 

wieder ein äußerst interessanter Bericht. Als Schildkröten Freund hat mich das Foto schon geschockt. Das arme Tier.

 

Apropos Kiev Marathon. Da habe ich zufällig gerade eine Info erhalten. Termin: 18.09.2011 und andere Webseite:

kyiv-marathon.com

 

schon seltsam.

 

Grüße

Michael