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Sonntag, 15.06.2008 | von: ms

Einmal im Leben muss man nach Biel... von Doris Sagasser

... jetzt war auch ich in Biel und bin als Finisher nach Hause geflogen.
Nach dem Zieleinlauf: Doris Sagasser mit "Begleiter"










Als Mario sich für dieses Jahr anmelden wollte, fragte er mich, ob ich nicht mal mitkommen möchte. 100 km zu laufen war für mich unvorstellbar. Es gäbe auch einen Nachtmarathon, den könnte ich ja laufen. Als ich mich nun endlich entscheiden musste, für welche Strecke er mich anmelden sollte, antwortete ich ihm für die 100 km. Ich könnte dann ja bei 56km aussteigen, denn das wäre für mich schon die weiteste Strecke, die ich bislang gelaufen wäre.
Wir flogen also am Freitag Mittag los. Schon auf dem Flughafen in Hamburg wurden wir aufgrund unserer gelben Jacken angesprochen, ob wir auch nach Biel wollen. Dort angekommen bauten wir sogleich unser Zelt auf dem Sportplatz auf. Der erste Bekannte ließ nicht lange auf sich warten. Es war Heinrich Schütte, weitere folgten: Schneggi mit Annett, Affenzahn, Jürgen Kuhlmey, Hartmut Feldmann, Helmut Rosika, Frank Berka, Michael Richter.
Noch ein paar Stunden bis zum Start, ich wußte immer noch nicht, was mich wohl erwarten und wie viele km ich wohl schaffen würde. Es war wie vor dem ersten Marathon.
Nachdem ich von meinen Lauffreundinnen noch "in Gedanken sind wir bei dir-SMS" erhalten hatte, wurde ich schon ein wenig aufgeregter.
Als wir dann unsere Startnr. holten, trafen wir noch Mike Friedl (unser Mann in Instanbul), Niels Grimpe-Luhmann und Jörg König in der Eissporthalle.
Gegen 20 Uhr waren schon viele Sportler "in Hut und Mantel". Ich dachte schon meine Uhr geht falsch, da der Start doch erst um 22 Uhr war. Frank Berka gab die Auflösung. Viele wollten noch Fussi gucken.
Endlich ging es zum Start. Dort trafen wir weitere Bekannte, Gerhard Penzel mit Frau, Peter Kellermann, Dagmar Liszewitz, Horst Preisler. Von Helmut Braun, von dem ich gehofft hatte, mit ihm ein Stückchen zusammen zu laufen, fehlte jede Spur.
Nachdem der Startschuss gefallen war, schloss ich mich Dagmar an, merkte aber gleich, dass das Tempo für mich zu hoch war. Peter Kellermann kam mit Heiko Henkel von hinten angelaufen, für einen kurzen Schnack reichte es, aber auch die beiden waren mir zu schnell, Horst Preisler wollte lieber alleine laufen, daher lief ich auch erst einmal "alleine", ich würde schon noch meinen Laufpartner finden.
Die Temperatur lag bei ca. 15 Grad. Lange dünne Hose, T-Shirt, dünner Rolli und Weste sollten reichen. Die Wettervorhersage sagte keinen Regen an, aber die Temperatur sollte bis auf 2 Grad fallen.
Zuerst liefen wir durch die Innenstadt von Biel und dann raus durch Feld und Wiesen und immer wieder durch kleine Orte. Wie der genaue Streckenverlauf war, kann ich nicht mehr sagen, immer den anderen hinterher war meine Devise.
Es wurde immer dunkler, aber ich hatte wenig Lust mit Stirnlampe zu laufen, also lief ich im Licht anderer Läufer mit, bis ich irgendwann doch meine eigene rausholte und mein eigenes Tempo lief. Gleich merkte ich, wie sich auch andere Läufer an meine Fersen hefteten, um ein wenig im Hellen laufen zu können. Die Lampe war Gold wert. Wie ein langer Lindwurm zogen sich die Lichter durch die Feld- und Wiesenwege, begleitet noch von den Rücklichtern der Fahrradbegleitern. Mittlerweile erreichtn uns auch die ersten Halb- und Marathonis, die uns mit schnellen Schritten überholten.
Die Strecke war super gut ausgeschildert. An jedem Schild hing eine Taschenlampe als Lichtquelle und es waren viele Solargartenlampen an den Wegesränden aufgestellt, die den Weg wiesen. Im Schutz der Dunkelheit hockte auch so mancher in dem einen oder anderen Feldweg.
Es war auch total ruhig, keine Autogeräusche und kein Vogelgezwitscher waren zu hören. Gegen Morgen kam neben dem üblichen Vogelgezwitscher dann noch das Bimmeln von Kuhglocken hinzu.
Verpflegungsstände gab es reichlich und diese waren auch gut bestückt.
Bei Km 42 lernte ich Marita kennen. Sie lief auch ihren ersten 100ter, also liefen wir von nun an zusammen. Peter Kellermann, Horst Preisler und Jörg König trafen wir noch unterwegs.
Beim zweiten Ausstiegspunkt bei 56 km haben wir erst einmal eine kurze Pause gemacht. Mario und ich hatten uns dorthin Wechselklamotten bringen lassen.
Dort fragte Marita, ob ich weiterlaufen wollte oder aussteige. Die Versuchung war groß, aber ich wollte weiter. Eine Ausstiegschance hatte ich ja noch bei 76 km.
Wir liefen also weiter. Zum Glück war es nicht allzu warm, die Sonne hielt sich zurück.
Irgendwann ging mein Handy, es konnte nur Mario sein. Zielzeit 9.07 h super Leistung und ich war gerade mal bei  70 km!!! Er fragte, ob ich durchlaufen werde, was ich mit ja beantwortete, denn mittlerweile habe ich auch an mich geglaubt, dass ich es schaffen könnte. Das ich es schaffen kann, sagten auch schon viele vorher, die von meinem Vorhaben wußten. Selbst mit gehen.
Neben einer Verpflegungsstelle war ein Zelt aufgebaut, in dem noch die letzten ihre Party feierten. Sie standen auf den Bänken, hatten coole Mugge an und feuerten uns Läufer an. Spontan entschlossen Marita und ich uns kurz mitzufeiern, in dem wir auch auf die Bänke stiegen und ein kleines Tänzchen machten. Dazu waren wir auch nach den ganzen km noch in der Lage. Ein bisschen Spaß muss sein.
Bei Km 76, dem letzten Aussteigepunkt, stand plötzlich ein sehr bekanntes Gesicht in Laufklamotten und mit Kamera an der Strecke. MARIO. Er war mit dem Bus gekommen und wollte uns von nun an für die restlichen 23,5 km begleiten. Was für ein toller Kerl. Immer wieder eine Überraschung auf Lager. Von nun an setzten wir unseren Weg zu dritt fort, nun gab es kein zurück mehr. Wir mussten uns jetzt bis km 100 durchschlagen.
Die Beine wurden aber allmählich schwerer. Die Devise hieß immer wieder gehen und laufen, bis irgendwann gar nichts mehr ging. Also entschlossen wir uns zu gehen. Aufgemuntert haben wir uns immer mit dem Gedanken an das Finisher T-Shirt. Wir lagen noch gut in der Zeit und sollten es auch gehender Weise unter dem Zeitlimit von 21 Std. ins Ziel schaffen, da nur ankommen für uns zählte.
Endlich tauchte das 90 km-Schild auf. Jetzt waren sogar die verbleibenen km mit angegeben.

Noch 200 m: Marita und Doris beim Endspurt









Auf den letzten Metern vor dem Ziel in Höhe des Sportplatzes fingen wir dann noch einmal an zu Laufen, denn wir wollten wenigstens laufend das Ziel erreichen. Jetzt nur noch die letzte Kurve und das Ziel lag vor uns. Geschafft, nach 15.31 Std. waren wir nun endlich im Ziel!

Bei der Chip-Abgabe konnte ich mich sogar noch bücken - und lächeln!









Aber gleich kam die große Enttäuschung. Es gab keine Medaillen mehr. Statt dessen einen Zettel, auf dem die Startnr. notiert wurde und den man dann bei der Information abgeben sollte. Dort die nächste Enttäuschung: es gab auch keine T-Shirts mehr, beides wird bis Ende Sept.!!! zugeschickt. Ich war so maßlos enttäuscht, dass kann sich keiner vorstellen. Alle liefen mit ihrem Finisher T-Shirt rum und wir standen wie die Looser da. Lediglich unsere Urkunde haben wir erhalten. Nachdem wir geduscht hatten, bauten wir unser Zelt ab und flogen noch am Abend nach Hause (war schon vorher so geplant). Selbst im Flieger verfolgten uns noch die Finisher T-Shirts. Es war einfach gemein nach all der Anstrengung. Was war das für eine schlechte Logistik, acht Stunden vor Zielschluß waren die T-Shirts und die Medaillen aus, wie viele enttäuschte Gesichter es wohl noch gab.
Kaum zu Hause, saß ich auch schon am PC und schrieb meine Beschwerde Mail. Einmal im Leben muss man nach Biel, jetzt weiß ich auch, warum nur einmal. Falls es doch für mich mal ein zweites Mal geben wird, würde ich darauf bestehen, dass mir eine Medaille und ein T-Shirt zurückgelegt werden, denn ich komme an, dass habe ich mir ja nun bewiesen.
Ein Dank noch an Günter Heyer, der vor zwei Jahren schon diese Herausforderung gemeistert hat und mein Vorbild in Sachen 100 km war und natürlich an den besten Ehemann der Welt, der mich mal eben auf meinen "letzen" km begleitet hat.

Doris Sagasser, 15.6.08
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8 Kommentare

Seite 1 von 1 1

Nr. 1   Christian Hottas schrieb am 16.06.2008 - 01:09 email homepage

Glückwunsch euch beiden: Dir, Doris, vor allem für dein tolles Debüt auf der Langstrecke und Mario vor allem wegen seiner Topp-Zeit!

 

Dass er dich unterwegs treffen und ins Ziel begleiten wollte, hatte er uns bereits am Mittwoch bei seinem Geburtstags-Marathon an den Teichwiesen verraten. Hat also doch gut geklappt.

 

Witzig finde ich deine Formulierung "sehr bekanntes Gesicht in Laufklamotten und mit Kamera"... Rolleyes

 

Man stelle sich das mal vor: ein Gesicht in Laufklamotten...! zwinker Confused

Nr. 2   Stampfer Hartmann schrieb am 16.06.2008 - 11:57 email homepage

Hallo Doris, meine Glückwünsche zu deinem ersten 100er deine Entäuschung kann ich verstehen, ich bin auch jedesmal sauer wenn ich keine Medaille erhalte, aber das ist mir in der Schweiz schon des öfteren passiert. Deshalb mach deinen zweiten 100er einfach beim Passatore von Florenz nach Faenza auch ein super Ultra. Glückwunsch an alle Finnisher von 100Marathonclub

Nr. 3   Arne Franck schrieb am 16.06.2008 - 16:41 email homepage

Hey Doris, auch von mir natürlich alle Glückwünsche zu Deinem ersten 100 km Lauf. So etwas werde ich wohl nie (sag niemals nie) unter die Laufschuhe nehmen! 42,195 km sind mir eigentlich schon zu viel!

Das mit den Finisher Shirt und der Medaille ist organisatorisch natürlich eigentlich nicht zu verzeihen. Die Beschwerde E-Mail ist völlig angebracht.

Nr. 4   Mario Sagasser schrieb am 16.06.2008 - 18:53 email

Kurz nach meinem ersten Marathon 2000 las ich in der Wochenendbeilage des Hamburger Abendblatts den Bericht eines Redakteurs über seinen ersten 100km-Lauf in Biel. Er schilderte die Schmerzen, seine Durchhalteparolen, das nicht-kommen-wollende 90km-Schild und dass er bei km 99 plötzlich wie ausgewechselt war. Er beschreibt das Glücksgefühl des Zieldurchlaufs. ... und, dass in diesem Moment der bei km 80 gefasste Entschluss, so etwas nie wieder zu machen, überholt war.

 

Bei Doris hat es knapp 3 Stunden gedauert, bis sie von "NIE WIEDER", zu "nächstes Mal aber mit Medaillengarantie" geschwenkt ist.

 

Es heißt zwar, "einmal im Leben musst du nach Biel", aber es gibt jede Menge Wiederholungstäter. Doris auch?

 

PS: mit den Glückwünschen haben sich übrigens gleich die ersten Interessenten gemeldet, es vielleicht im nächsten Jahr auch mal probieren zu wollen.

 

PPS: Glückwunsch an alle Finisher, die ich nicht persönlich getroffen habe. zwinker

Nr. 5   Michael Richter schrieb am 16.06.2008 - 19:53 email homepage

Hallo Doris, herzlichen Glückwunsch. Nun könnte ich ja sagen: Hab’s dir doch gleich gesagt, "Du schaffst das!" Tue ich aber nicht zwinker

Unsere erfolgreiche Lauf-Philosophie ist halt "Setze einen Fuß vor den anderen. Du kommst auch langsam ans Ziel." Mit ein wenig Abstand zum Lauf läuft man auch ein zweites mal und wer weis wie oft noch in Biel.

Gruß an Mario und alle anderen Finisher

Nr. 6   Ramona schrieb am 18.06.2008 - 14:18 email homepage

Hallo Doris, herzlichen Glückwunsch zu Deinem erfolgreichen Finish.

Wir waren nach unserem Zieleinlauf (ebenfalls das erste Mal in Biel) auch sehr enttäuscht, keine Medaille erhalten zu haben. Der Veranstalter hätte mit mehr Teilnehmern rechnen und entsprechend vorsorgen müssen. Das T-Shirt haben wir aber noch bekommen. Ich hoffe doch, dass die Meaille auch wirklich zugeschickt wird. Verdient habt Ihr beiden Euch das genauso wie die vielen anderen Finisher!

LG Ramona

Nr. 7   Eichner schrieb am 29.06.2008 - 17:43 email

Hallo Doris, auch meine Glückwünsche sollen Dich erreichen. Leider habe ich Euch vor und auch nach dem Lauf nicht getroffen. Dabei wimmelte es von "100ern" auf der Wiese und am Start. Ich hoffe sehr, Du hast ein Shirt in XS nachbestellt, denn dann könnten wir tauschen. Ich habe eines in S, dass sich wie so viele nur als Nachthemd tragen lässt. Solltest Du keines bekommen, gebe ich Dir meines. Ich bin am 19.7. in Öjendorf. Bis dann und Grüße an die Familie. Sturmvogel

Nr. 8   Heinz Behrmann schrieb am 09.07.2008 - 10:11 email

Liebe Doris!

Sind erst seit gestern von unserem Urlaub seit 14.06.08 wieder zu Hause. Waren auch im Süden: Garmisch und St.-Anton mit Montafon-Arlberg-Marathon am 05.07.08.

Jetzt aber zu Dir. Auch ich hab Dir gesagt gehabt: Du schaffst es!! Und ich freue mich ganz ehrlich darüber. Und dann noch in der guten passablen Zeit. Deinen Ärger mit T-Shirt und Medaille kann ich gut nachvollziehen. Alles Gute und Regeneration.

Heinz und Regina aus Kiel