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Donnerstag, 29.09.2011 | von: ce

Did not start - but finish! Der 38. Berlin-Marathon






(im Nikolaiviertel)


Am vergangenen Wochenende stand wieder einmal der Berlin-Marathon auf dem Laufkalender. Nach meinem Marathondebut im Jahr 2000 sowie weiteren Teilnahmen 2006 und 2009 (hier verpasste ich mit 4:01:53 h knapp die Sub-4) sollte dies nun mein 4. Start in der Hauptstadt sein. Auch Uli hatte 2009 und 2010 schon sein Laufschuhprofil in den Straßen Berlins geschliffen und hoffte zu seinem 99. Marathon/Ultra auf besseres Wetter als im Vorjahr (man erinnere sich an strömenden Regen und knöcheltiefe Pfützen)!

Aber die Zeichen standen gut, die Wettervorhersage war optimal, die Fahrt nach Berlin am Freitag staufrei und zügig sowie der Besuch auf der Messe und das Abholen der Startunterlagen entspannt und unterhaltsam.  Nachdem wir unsere Starterbeutel erhalten und die Laufchips gecheckt hatten, ließen wir uns bei Adidas die Füße vermessen (mit überraschenden Ergebnissen…), testeten Schuhe von Brooks und statteten den Leuten von  Mizuno einen Besuch ab.

Anschließend bezogen wir unser hübsches Quartier, die Wohnung einer Freundin, im Stadtteil Lichterfelde.

Den für Samstag eventuell angedachten Frühstückslauf hatten wir gedanklich zwar sowieso schon wieder gestrichen, als ich am Morgen aufwachte, fühlte ich mich doch plötzlich so „grippelig“ (Hals, Kopf, Ohren – alles tat weh), dass an einen Start sowieso nicht zu denken war. Stattdessen begannen wir den Tag langsam und entspannt – und ich mit einer Extraportion Paracetamol. Wir fuhren mit der S-Bahn ins Zentrum und absolvierten ein leichtes Sightseeing-Programm per Schiff auf der Spree bei herrlichem Spätsommerwetter und einer weiteren Dosis Tabletten. Am Potsdamer Platz erkämpften wir uns dann bei Vapiano unsere Kohlenhydratportion (an sich schon ein Marathon, dort anzustehen…) und ließen den Tag dann zu Hause in Lichterfelde – nach einem überraschenden Treffen mit Ulis Bückeburger Laufkollegen Karl-Heinz bei einem Italiener neben dem S-Bahn-Bahnhof und einem kurzen Klönschnack  mit ihm -  und einer weiteren Medikamentenration ausklingen.

Am Sonntagmorgen fühlte ich mich leider nicht wirklich besser, beschloss aber, es erst mal „zu versuchen“. Ein Kaffee und ein bisschen frische Luft würden mir sicher gut tun…

Doch irgendwie passierte da „nix“. Nachdem wir Ulis Kleiderbeutel in der Nähe vom Reichstag abgegeben hatten, durchquerten wir das Läuferdorf zum anderen Ende, und kamen an die Frauengarderobe. Uli schaute recht ungläubig, als ich wirklich meine lange Hose und Jacke auszog und den Beutel abgab. Wir begaben uns in „meinen“ Startblock, da wir Ulis 99. ja zusammen laufen wollten. Vor ziemlich genau einem Jahr begleitete mich Uli an den Teichwiesen bei meinem 99…

In meinem Kopf tobten neben den Kopfschmerzen auch die wildesten Gedanken – war es wirklich klug zu laufen oder sollte ich nicht doch lieber vom Start absehen? Ich war hin- und hergerissen. Dann die obligatorische Begrüßung mit allen möglichen Informationen zum Lauf. Und noch eine Mitteilung vom „Medical Service“. U.a. Worte wie: … Sollten Sie Halsschmerzen haben, einen Infekt spüren, etc., … treten Sie vom Lauf zurück, denn Sie haben nur ein Leben, aber es gibt noch viele Marathons…“ Vor ein paar Jahren war ich schon einmal unter ähnlichen Voraussetzungen gelaufen und hatte danach wirklich Angst, eine Grippe verschleppt zu haben… „Grübel, grübel…“. Dann einer weitere Durchsage, diesmal das Ganze auf Englisch… Wieder hämmerten die Worte in meinem Hirn. Der erste Startschuss fiel – und Sekunden später auch meine Entscheidung. Schweren Herzens und mit einer Augenüberschwemmung wünschte ich Uli einen guten Lauf und verließ den Startblock. (Schließlich war es das erste Mal, dass ich einen Lauf so kurz vor dem Start nicht antrat.) Auf dem Rückweg zum Kleiderbeuteldepot begegneten mir noch einige Starter, die wohl im letzten Block mit der letzten Startwelle los legen wollten. Danach gähnende Leere. Ich fand einen Durchschlupf ins Läuferdorf, da schauten mich einige Helfer fragend an, als ich sagte: „Bin schon fertig!“ und meinen Kleiderbeutel wieder abholte. Gefrustet ging ich durch die Gassen des verlassenen Geländes, nur die Helfer, die die Kleiderbeutel entgegengenommen hatten, waren noch zu sehen.

Doch die Sonne schien, der Himmel war blau und die Kulisse vor dem Reichstag  traumhaft. Plötzlich dachte ich: „Was soll’s – schaust Du Dir einen Marathon halt mal von der anderen Seite aus an…“ und überlegte mir, an welchen Stellen ich nach Uli Ausschau halten könnte.

Zunächst ging ich zu km 7 am Hauptbahnhof, der nur einen Steinwurf weit entfernt war. Leider verpasste ich Uli hier. Aber es war spannend, an der Strecke zu stehen und die Läufer passieren zu sehen. Viele sahen schon nach nur 7 km ziemlich erschöpft aus, es gab diverse Kostüme, neben mir standen Leute aus Venezuela mit einer Fahne und jeder spanisch sprechende oder mittel- bzw. südamerikanische Läufer rief beim Vorbeilaufen „Ah, Venezuela!!“ Ein Läufer knickte wohl an der Engstelle an der Bordkante um und schleuderte gegen die Bande. Hinkend und sich das Bein haltend ging er von der Strecke… Karl-Heinz, den wir gestern Abend getroffen hatten sah ich vorbei laufen – leider zu spät, um ihn anzufeuern.

Ich beschloss, zum Halbmarathonpunkt zu fahren: Yorckstraße. Dazu musste ich zum Bahnhof Friedrichstraße an der Laufstrecke entlang. Asterix und Obelix liefen an mir vorbei und eine Läuferin, die meine Startnummer und meinen Startbeutel sah meinte: „Na, aufgegeben?“ Nach einem Schwätzchen mit einem Ordner fuhr ich zu km 21. Hier kochte die Luft, Trommeln dröhnten, und die Läufer mussten auch hier einen Engpass durch die Zuschauermenge passieren. Leider sah ich auch hier Uli nicht, er musste doch schneller als gedacht unterwegs sein…

Also zum nächsten Punkt. Am einfachsten von hier aus zu Fuß zu erreichen war km 37 – Kurfürstenstraße. Hier war die Läuferschar sehr übersichtlich – nach ca. 2:30 h – 2:40 h Laufzeit. Es war beeindruckend zu sehen, wie locker und frisch hier viele Marathonis um die Ecke liefen – im Gegensatz zu vielen bei km 7…

Ein paar Meter weiter fand ich ein türkisches Straßencafé, in dem ich mir einen Kaffee und eine kleine Apfeltasche gönnte, die ich dann direkt vor dem Laden an der Strecke in der Sonne genießen konnte (Naja, der Genuss war ein wenig durch die Kopf-  und Halsschmerzen beeinträchtigt).

Kurz vor der 3-Std.-Marke (brutto ca. 2:55? H) preschte endlich wieder ein bekanntes Laufgesicht vorbei: Jobst von Plombinchen mit Tunnelblick und voll konzentriert aber auch recht locker aussehend. 

Und nach knapp 3,5 Stunden sah ich plötzlich Uli herannahen. Ich lief zu ihm rüber und ein paar Meter mit, um zu hören, wie es ihm ging. Auch er sah noch fit aus, fühlte sich aber wohl nicht mehr ganz so, denn die Temperatur war inzwischen über die 20°C-Marke geklettert. Ich reichte ihm  noch ein paar Leckerlis aus meinem Proviantbeutel bevor ich dann am Potsdamer Platz per U-Bahn weiterfuhr und dabei noch ein Colamix (was anderes gab es nicht außer Cola zero und light – beides „No-Go‘s“)  kaufte, da Uli Cola auf der Strecke vermisste.

Jetzt wollte ich am Brandenburger Tor Ulis Zieleinlauf miterleben. Als ich kurz hinter km 42 in 2. Reihe hinter der Absperrung stand, sah ich ihn dann kommen, rief meinen Vordermännern zu: „Lasst mich bitte mal durch!“ Was sie mit leicht verwirrtem Blick taten und ich kletterte über die Bande und spurtete hinter Uli her, erreichte ihn knapp 100 m vor dem Ziel, so dass ich ihn doch noch beim Finish begleiten konnte. Ich weiß nicht wer perplexer war, meine Vordermänner an der Bande, Uli oder die Zuschauer…

Leider hatte ich nicht daran gedacht, dass ich nicht nur mit  Kleiderbeutel und in langen Klamotten unterwegs war sondern auch noch meinen Chip am Fuß trug!

Gerade als wir unser Quartier wieder erreicht hatten und uns eine Tasse Kaffee gönnten, kam per SMS schon der erste Glückwunsch vom Alsterman für die tolle Zeit…. Leider jedoch zu Unrecht! Leicht zu sehen daran, dass es nur eine Bruttozielzeit und sonst keine Zwischenzeiten gab…! Da ich keine bösen Absichten hatte, habe ich die Geschichte auch per E-Mail an den Veranstalter geschickt um Missverständnisse zu vermeiden. (Nichtsdestotrotz sah diese Zeit: 3:58 h doch sehr hübsch aus…. ;-)

And the result?

Zunächst ein schönes Erlebnis einen solchen Marathon mal als Zuschauer zu erleben und es gar nicht sooo schlimm zu finden, nicht dabei zu sein (es klang in meinen Ohren nach: „… es gibt noch viele Marathons…“), ein wunderschönes Wochenende im spätsommerlichen Berlin das nach einer komplett lauffreien Wiederholung schreit… und  leider auch eine üble Bronchitis, mit der ich seit Montag  leidend und Antibiotika schluckend im Bett liege.

Mit laufender Nase und sportlichen Grüßen – bis bald!

Claudi-Gazelle




(Blick auf den Berliner Dom)



(Deutscher Bundestag)






(Bundeskanzleramt)




(Bodemuseum auf der Museumsinsel)




(im Startblock - noch...)






(leere Gassen)





(Uli bei km 37...)





(... und nach3:42:56 h mit dem 99. M/U  im Ziel)





(Claudi auch!)


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4 Kommentare

Seite 1 von 1 1

Nr. 1   Christian Hottas schrieb am 29.09.2011 - 20:26 email

Well done, Uli! Wir sehen uns am Sonntag zu deiner Nummer 100!

 

Und ebenfalls: Well done, Claudia! Kein Lauf ist es wert, die Gesundheit zu riskieren! Big Grins

Nr. 2   Eichner schrieb am 30.09.2011 - 00:37 email

Liebe Claudia, habe soeben deine Geschichte gelesen; tut mir leid; gute Besserung. Auch ich bin diesen Marathon nicht gelaufen, sondern habe mich am Vortag abgemeldet. Mein Fuß ist immer noch extrem entzündet und ich kann nur humpelnd gehen. Da man mir möglicherweise mit dem Verlust der Extremität gedroht hatte, hörte ich dies mal auf den Arzt und verfolgte den Weltrekordlauf trotz des wunderbaren Wetters nur am TV. Für die Abmeldung gab es einen Gutschein im Wert von 30,- Euro für die Anmeldung 2012. Aber 2012 ist noch weit weg. Vielleicht klappt es mit dir und mir im kommenden Jahr. Grüße Si

Nr. 3   Günter Antoni schrieb am 30.09.2011 - 13:32 email

Liebe Claudia, schöner Bericht von deinem Nichtstart. Mir ging es 2009 genauso. Ich bin dann an der Strecke gewesen und hatte Tränen in den augen. 2010 dann dieser Regenmarathon, also für 2011 wieder angemeldet und was soll ich sagen, wieder nicht gestartet, gar nicht erst nach Berlin gefahren, da beide Kniee vollkommen defekt. Bin zum Physiotherapeuten am Montag, der hat mich wieder fit gemacht und nun am 2.10. ein neuer Versuch in Bremen mit großer Zuversicht. dir gute Besserung.

Nr. 4   René Wallesch schrieb am 01.10.2011 - 08:27 email

Gute Besserung Claudia, Sigrid und Guenter. Und Uli viel Erfolg bei Deinem Hundertsten. Bei Arne gibt es sicherlich auch Cola und das fuer einen Bruchteil des Berliner Startgeldes. Gruss aus Budapest