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Freitag, 16.05.2008 | von: fb

(ein) Bericht aus Berlin


Der Teammarathon im Januar ist eine besonders feine Veranstaltung. Das liegt auch an der schönen Strecke im Plänterwald. Dennoch bin ich da schon ganze zwei Jahre nicht mehr gelaufen. Umso spannender ist es, dass Sigrid „Sturmvogel“ Eichner (Sturmvogel passt immer mehr, ihr werdet euch noch wundern, was die wieder drauf hat) inzwischen an vielen Tagen dort 100 MC-Marathonläufe anbietet. Es war also klar, dass auch dieser Lauf eines Tages fällig sein würde.

Und das sollte Samstag, der 10.05.2008 sein. Als stolzem Bahncard 100-Besitzer bietet sich eine Anreise mit der Bahn geradezu an, sind es vom S-Bahnhof Baumschulenweg bis zum Start doch gerade einmal 500 Meter. Und bei der beschaulichen Veranstaltung würde es genügen, 30 min vor dem Start anzukommen. Also war der „7:03er ICE“ das geeignete Verkehrsmittel. Dass der Zug erst mit 10 min Verspätung abgefahren ist, störte noch nicht wirklich. Aber irgendwie wirkte das, was wir dann so fabriziert haben, nicht wie 230 km/h. Die Zeit verging, aber so richtig näher kamen wir Berlin dann doch nicht. Ok, das ist jetzt etwas übertrieben, aber als dann noch die Durchsage kam, wir würden außerplanmäßig in Spandau halten und dann statt zum Hbf und Südkreuz zum Gesundbrunnen fahren, um dort den defekten Zug zu tauschen, musste ich mir dann doch etwas überlegen. Von Spandau würde die S9 zum Baumschulenweg eine Ewigkeit brauchen, also Gesundbrunnen und Ring-S41 bis Treptower Park und von da zum Baumschulenweg. Der erste Umsteigevorgang klappte auch ganz gut, allerdings war es schon 9:15 Uhr.

Gegen 9:40 Uhr am S-Bahnhof Treptower Park – das würde wohl knapp werden. Also musste der Lauf dann doch schon unterwegs vorbereitet werden. Die Kurztight hatte ich ja bereits unter der Jeanshose. Aber auch wenn es nicht zum äußersten kam, gab es einiges zu tun, wie halt vor jedem Marathon. Also raus die Salben und das Trikot anziehen. „Da zieht sich eener aus“, war aus einem Abteil im Hintergrund zu hören. War ja auch nicht ganz falsch, Jeans, Hemd und T-Shirt in den Kleiderbeutel (vom Bonn-Marathon 2007), dafür Lauftrikot an. Zum Glück fand sich in einer Jackentasche das kurzfristig vermisste Portemonnaie wieder. Ich sah mich schon auf dem Alex sammeln gehen: „Ich muss nach Hamburg und die Fahrkarte kostet 50 Euro, mir wurde mein Geld geklaut, haste mal ne kleine Spende?“

Ein Bus kam auch noch (für 400 der o.g. 500 m zum Start). So kam ich dann doch um 9:58 Uhr und damit 2 Minuten vor dem Beginn am Fähranleger im Plänterwald an, wo sich Start, Ziel und Verpflegungsstelle befinden (also nicht da, wo das beim Teammarathon ist!!!). Alle anderen waren schon da – auch Wolfgang Zieger, der gewohnt professionell den offiziellen Teil übernahm (insb. Rundenprotokoll und Zeitnahme).

Am Anfang gilt es, die vom Tieemmarathon (so heißt der auf schneggisch) bekannte 2,195 km lange Auftaktrunde zu laufen (die dort jedoch am Schluss gelaufen wird). Jobst von Palombini, inzwischen wieder 100 MC-Mitglied aus Bückeburg, übernahm gleich die Führung, kannte aber die Abzweigung bei km 1 nicht. Also blieb er stehen, drehte sich rum und fragte „hier rein?“ - „Nee, noch weiter, da wo der Pfeil ist“, bekam er vom Rest der Meute (heute insgesamt eine wilde 13) zu hören. Rainer Schädlich hatte vor dem Lauf die Strecke dezent, aber für Eingeweihte gut erkennbar mit Pfeilen markiert. Als Verfolgergrubbe (wieder schneggisch, auch wenn der Galgenvogel gar nicht mitgerannt ist und auch sonst nicht anwesend war) liefen Mario Sagasser, Rainer Georgius und ein gewisser Herr Löffel (schneggische Bezeichnung für einen weder von Coach Dromusicus noch von Frau MM tränierten Sohn von FranksVater Volker, darf nur von Schneggisch-native-speakern und anderen Insektenmitgliedern benutzt werden) auch auf den nächsten großen 5 km-Runden Jobst erst einmal hinterher. Dieser tat dabei nicht mehr als nötig, um die Führung zu halten. Immerhin war er am Vortag bei nem 10er und wollte Sonntag und Montag auch noch die Maras laufen, wie wir gleich mehrfach erzählt bekamen. Rainer lief in der 4. großen Runde auf Jobst auf, als dessen Vorsprung von 1 Min. auf 15 Sek. zusammengeschrumpft war. Klassischer Anfängerfehler des deutschen Juniorenmeisters im 24-Stundenlauf von 2007 (Scharnebeck), denn diese Attacke kam viel zu früh (Rainer hat sich dann aber tapfer durch die ganze Serie gekämpft). Mit ca. 1:53 Std. nahmen die vier Führenden dann fast geschlossen die Halbmarathonmarke. Jobst zog in der 5. großen Runde jedoch wieder an – und nur Löffel setzte nach. Mataton Mario begutachtete statt dessen seine Hahnzeitenliste (oder sind das jetzt Weberzeiten?) und nahm Tempo raus. Für Rainer war es ebenfalls Zeit, sich zu mäßigen. So siegte am Ende Jobst in 3:41:05 Std. vor diesem Löffel in 3:44:25 Std – beide mit Negative Split. Mario wurde in 4:02:00 Std. Dritter.

Ekkehard Steuck wurde 4. in 4:13:59 Std. Im Mittelfeld wechselten die Platzierungen bei den Herren immer mal wieder, aber Hirendra Kurani (100 MC-Neuzugang aus Henstedt-Ulzburg und Indien) war als 5. in 4:17:03 Std. stets ungefährdet, nach dem er Rainer Georgius überholte, der letztendlich in 4:33:32 Std. 9. wurde. Serienläufer Rainer Schädlich lief als 6. 4:23:53 Std. und fuhr anschließend mit dem Fahrrad die 15 km nach Hause, die er morgens schon angeradelt kam. Lothar Preißler wurde 7. in 4:25:15 Std., Richard Artz hatte als 8. nach 4:28:00 Std. fertig, Helmut Braun wurde 10. in 4:34:05 Std. Erste Frau (Gesamtplatz 11) wurde Sigrid Eichner in 4:37:28 Std. vor Doris Sagasser (4:48:25, Gesamtrang 12). Holger Kösling (13. in 5:21:04 Std.) hat die gesamte Serie (4 Läufe an vier Tagen) unter die Füße genommen.

Die Strecke selbst war zu einem großen Teil angenehm schattig. Da es ansonsten aber sehr warm war, erholte sich die ganze Bande erst einmal im Ziel bei Keksen, Wasser, Cola und Isogetränk. In der Spree baden mochte trotz der Temperaturen jedoch niemand – zu dreckig pfui bah. Obwohl einige Spaziergänger und Radler das gute Wetter zu einem Ausflug im Plänterwald genutzt haben, hielt sich das Slalomlaufen übrigens in Grenzen. Der harte Kern (Sigrid, Wolfgang und Löffel) traf sich nach dem Ende der Veranstaltung in einem nahe gelegenen Biergarten, um ein wenig über die Weltgeschichte der letzten 4.000 Jahre zu fachsimpeln.

Als auch diese Runde sich auflöste, eher ein Dreieck, machte ich mich wie geplant und trotz nicht geklauter Fahrkarte zu Fuß nach Berlin-Mitte, erst gut 2 km gegen die Laufrichtung des Vormittags, dann durch den belebten Treptower Park mit Boulettenpause. Am Ende von Treptow stand vor einer Veranstaltungshalle ein schwitzender Mann in Latex, der auf Deutschlands größte Fetischmesse aufmerksam machte – und den Weg um die Halle nach Kreuzberg kannte. Dort gab es – jedenfalls auf meiner Route – keine Currywurstbude, was ich nach und nach immer ärgerlicher fand. In Mitte angekommen nahm ich dann für drei Stationen die U-Bahn, immerhin kannte ich bei den Hackeschen Höfen noch einen wirklich guten Currywurstimbiss. Aber auch dreimal um den Block suchen nützte nix, der Laden war weg. Eine Nachfrage beim Kiosk bestätigte den Befund. „Da ist jetzt Schnurpsli-Micki drin.“ Ja, so sieht es da auch aus. Meine Fresse, nur noch Schiggi-Miggi-Läden (schneggisch, s.o.), alles Althergebrachte restlos beseitigt. X-mal Sushi, aber keene Bouletten. Touristen in Mengen, eigentlich Unmengen, aber die gibt es ja eigentlich nicht. Ein Sprachengewirr von unbeschreiblichem Durcheinander (sogar hessisch und schwäbisch sind aufgefallen, nur nicht badensisch). Und Beachclubs mit Gagamusik und eleganten Cocktails, die so irgendwie nicht zu den fetten Körpern passten, die da bauchfrei am Spreeufer rumschwitzten und die Dinger schlürften. Is nix mit Nixen, nix wie weg hier. Friedrichstraße, und jetzt, da, Bahnhof, und tatsächlich, Curry-Imbiss unter den Gleisen, endlich die ersehnte Currywurst und gleich ne Curryboulette und’n Bier dazu. „Can you tell me the way to Friedrichstadtpalast?” Die freundliche Bedienung konnte, und die Bundesligaergebnisse wussten die Jungs auch zu erörtern. Ein kleiner Fleck heile Welt, „da wo das Herz noch zählt, nicht das große Geld“ (H. Grönemeyer in „Bochum“, vor etwa 25 Jahren, als wir noch vierstellige Postleitzahlen hatten, hüben wir drüben). Der eine von beeden war auch noch FC Energie-Fan. „Wennde aus Cottbus kommst“ – dachte ich bei mir. Und genau da spielte – verlor – nur gut zwei Stunden zuvor des Matatons liebster HSV, was noch eine Rolle spielen sollte.

Draußen am Brunnen kam mir kurz die Idee, man könnte ja noch duschen, die Katzenwäsche an Sigrids Wassereimer war ja durchaus noch steigerungsfähig. Aber nee, lass man, der Videofilm in der S-Bahn von heute morgen (jetzt sagt nicht, da war nun gerade keine Kamera...) genügt zur Hauptstadtbelustigung.

Statt dessen nach Auslesen der Hinz & Kunzt eine neue Idee, VIP-Lounge am Berliner Hauptbahnhof mit Freicola und Sportbild, BC100 macht’s möglich. Welch ein Kontrast bot sich, als ich beim „21:08er ICE“, einem „Kurzzug“ ankam. Kistenweise schleppten die blau-weiß-schwarz gekleideten HSV-Fans das Bier in den Zug – das allein ist ja kein Ärgernis. Aber irgendwie war es einem blau-weiß-nichtschwarzen Hertha-Fan gelungen, unbemerkt von der Polizei zum Zug vorzudringen, dort noch einmal auf die aktuellen Bundesligaergebnisse aufmerksam zu machen und schließlich wie auch immer mit dem Kopf eine Scheibe zu splittern. Zwar war diese nicht ganz rausgeflogen, aber sie hatte gut sichtbare Risse. Was aus dem Kopf geworden ist, blieb unbekannt. Die von wüstem Hintergrundgejohle begleiteten Durchsagen des Zugchefs ließen das erahnen, was dann auch kam: Eine Verspätung, die den Morgen in den Schatten stellte. 30 Minuten für den Polizeieinsatz und weitere über 30 Minuten, weil wegen der gesplitterten Scheibe wieder keinen 230 km/h, sondern nur 160 km/h gefahren wurden. Immerhin war ich um 0:30 Uhr daheim, paggte (schneggisch, falls es noch niemand weiß) die „Beute“ (Hans Drexler, Abschlusstitel /-foto eines jeden Laufberichts auf www.100mc.de => Powerschneckes Kolumne, fortlaufende Weiterentwicklung durch den Künstler, indem er mit einer Digitalkamera bei einem Marathon- oder Ultralauf Land und Leute in möglichen und unmöglichen Posen fotografiert und das mit in schneggisch verfassten inhaltlich völlig verfremdeten Untertiteln zu einer anmutig ausufernden Collage vermischt und in seiner „Kolumne“ kommentierbar und damit zur kommunikatorischen Auflösung der aufreizend gesetzten Bemerkungen herausfordernd veröffentlicht, quasi mit einem ungeschriebenen „Hee, ihr Pänner, schreibt endlich mal nen Kommentar, mir wird langweilig!“), also die Beute, das war diesmal die bei Sigrid obligatorische Soforturkunde (auch ohne Chipzeitnahme und Laptop und Lederhose) und ein kleiner, ja was eigentlich, müsste ich selbst knibbsen, um es zu zeigen, also son Marmorsoggel mit ner goldenen 2008 drauf und ner Gravur „100 MC-Pfingstserie“ vorne drunter, aus, ebenso die noch immer nicht ganz getroggneten Klamotten, diese gab ich auf einen Wäscheständer aufm Balkon, und die Eigenverpflegungsrestbestände, die aus einer Paggung Tugg-Grägger und ner alten Schachtel Buddergegse bestanden, Wasser is alle geworden, und das Händy, das nicht verlorene Portemonnaie, den 2007er Bonn-Marathonsagg, der nur für die Wechselklamodden diente, wie der aufmerksame Leser oben vielleicht mitbekommen hat, mein Hauptklamottensagg war ein ultraleichter Vattenfallcyclassics-2007-Sagg, den man dank seiner beidseitigen Schnürung auch als Ruggsagg tragen kann, passt ja nach Berlin, die ham ja nicht nur fast keine Currywurstbuden mehr, sondern auch keene Bewag mehr, wenn ich nicht irre.

Alles in allem ein gelungener Lauftag, die 100 MC-Marathonläufe im Plänterwald sind eine Reise wert, auch wenn es eine Reise mit Hindernissen wird. Denn dann kann man was erzählen, wenn man denn erzählen kann uuuaaaahhhhhhh.

fb. (163. Streich) 
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1 Kommentar

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Nr. 1   Eichner schrieb am 19.05.2008 - 23:27 email

Hallo VolkersSohn und oder auch Löffel, ich liebe keine langen Berichte; Aber dieser ist echt Spitze. Berlin hat einiges zu bieten, besonders die Bahnfahrzeiten von und in diese Stadt sind immer voller Überraschungen:

"wegen Verzögerung im Betriebsablauf, wir bitten um ihr Verständnis", das werde ich am Freitag auf der Fahrt nach Hamburg wieder hören. Schön, dass der Tag noch so voller Erlebnisse für Dich war. Wiederholungen sind möglich.

Sturmvogel