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Donnerstag, 06.03.2014 | von: mw

Ein Nachruf für Wolfgang Zieger

Am 1. Mai 2014 veranstalten die LG Mauerweg und ich einen Wolfgang-Zieger-Gedächtnislauf, da sich Wolfgang im Sommer 2013 ganz still und heimlich vom Leben verabschiedet hat und mit den von mir ausgerichteten Läufen und deren Teilnehmern sehr verbunden war.

Hierzu eine kurze Geschichte:
Ich begegnete Wolfgang das erste Mal im Bus bei der Laufreise 1991 mit „Laufzeit“ (heute „Reisezeit“) nach Bad Arolsen zum Advent-Waldmarathon. Den glücklichsten Stern hatte die Reise nicht gebucht. Der Bus war kalt, es roch ständig nach Diesel und die ganze Fahrzeit über gab es undurchdringlichen Nebel. Am Alex wartete der Veranstalter drei Stunden lang vergeblich auf drei gemeldete „Wessis“; mit dieser Verspätung nahmen wir in Leipzig dann auch noch Teilnehmer auf, die mehr als sauer waren. Der Bus konnte wegen des dichten Nebels seine Fahrt nur mit einem „Führungs-PKW“ fortsetzen. Gegen vier Uhr morgens erreichten wir unsere Unterkunft; dank der nicht so zeitigen Startzeit wurde es für alle dann doch noch ein Erfolg. Für mich war es die erste organisierte Reise ins „Wessiland“ und mit 4:36:57 war ich sehr zufrieden. Während der Fahrt erzählte Wolfgang von einem Etappenlauf in der Schweiz, den er im Sommer bestritten hatte. Natürlich war ich die nächsten acht Jahre bei diesem Etappenlauf dabei, der sich dann zunehmender Beliebtheit bei den deutschen Teilnehmern erfreute und unter „Genf - Basel“ bekannt wurde. Wolfgang nahm noch einmal teil und wurde dann die anderen Jahre vom Veranstalter als Betreuer eingeladen; er war immer sehr stolz darauf, dass man ihn brauchte.
Ich traf Wolfgang noch bei einigen Volksläufen und bei Stundenläufen in Berliner Stadien. Er lief immer auf der Außenbahn um die schnelleren Läufer nicht zu behindern (eine Stadionrunde hat 400m; das ist aber nur die Innenbahn; jede nächstfolgende Runde nach außen hat acht Meter mehr).
Oftmals war er bei diesen Veranstaltungen auch als Kampfrichter tätig.
Silvester 2006 und Neujahr 2007 sollte der erste Doppeldecker unter meiner Organisation im Plänterwald in Berlin stattfinden. Der Lauf fand statt, aber René und Emelie betreuten ihn, da ich kurzfristig zur OP ins Krankenhaus musste. Diese Veranstaltung fand viel Resonanz, so dass die Idee aufkam, weitere Serien zu besonderen Tagen zu organisieren.
Wolfgang war Silvester 2006 den Silvesterlauf über 10 km im Plänterwald (Start 14:00 h) mitgelaufen und hatte das Ende unseres Laufes gesehen. Hier sah er ein neues Betätigungsfeld für sich. Seit der Osterserie 2007 betreute Wolfgang alle von mir organisierten Laufveranstaltungen – meistens Doppeldecker oder Serien mit 4 Läufen – im Plänterwald und ab 2009 im Volkspark Prenzlauer Berg. Bei Regen, Wind, Kälte, Schnee und Eis auch bei Sonnenschein und Hitze – Wolfgang war immer da und er ertrug auch lange Laufzeiten (9h) ohne die Geduld zu verlieren. Viele kennen ihn, wie er mit seinem Zählbrett da stand und geduldig Zeiten schrieb oder Haken setzte. Er kam früh in meine Wohnung, begrüßte die schon anwesenden Teilnehmer und fuhr mit uns zum Start. Einmal brauchte er noch warme Socken, es herrschten minus 15 Grad Celsius, die Wollmütze musste ich ihm aber über die Ohren ziehen, er fand sich damit nicht so adrett.
Wolfgang pflegte auch die Gespräche mit Spaziergängern jeder Art, die immer neugierig waren. „Was ist denn hier los, verkaufen sie mir eine Cola“ und anderes. Er erklärte und machte Werbung für unseren Sport.
Im Plänterwald  musste ich einmal am Ostersonntag drei Managern von der BVG Rede und Antwort stehen. Wolfgang unterhielt die Herren bis ich meine Runde beendet hatte. Sie kamen der Anzeige des Bootführers nach, dem es nicht passte, das Leute, die nicht an das andere Ufer der Spree wollten, zeitweilig am Fähranlieger bei Regen ihre Sachen unter dem Dach der Haltestelle abstellten. Nur Leute mit Fahrabsicht und Fahrschein dürften dort warten. Am Ende hatten sie ein Einsehen; die Taschen unter den drei Sitzen behinderten wirklich niemanden bei Regen, zumal es dann kaum Fahrgäste gab.
Wolfgang wurde vom Leichtathletikverband oftmals als Kampfrichter eingesetzt (er betreute unter anderem die ISTAF, die Fußballweltmeisterschaft, Hallenwettkämpfe, Schülerturniere), er hatte immer einen vollen Terminplan. Aber er setzte Prioritäten, wenn sich meine und seine Termine behinderten. Er sagte: „Die Sigrid braucht mich nötiger als der Verband“, und betreute unsere Veranstaltung. Auf diese Entscheidung war ich echt stolz. Es zeigte mir auch, dass es ihm bei unseren Läufen gefiel und er sich freute, gebraucht zu werden. Jetzt, wo er nicht mehr zählt, werde ich von vorübergehenden Leuten gefragt: „Wo ist denn der nette Mann, mit dem wir immer reden konnten“?
Ostern 2013 meldete sich Wolfgang krank; da ich verletzt war, betreute ich die Serie und sah in seiner Meldung nichts Schlimmes. Wir sandten ihm eine Urkunde mit allen Unterschriften und wünschten baldige Genesung. Aber es muss doch mehr gewesen sein. Wir sahen ihn nicht wieder. Für die Weihnachtsserie 2013 war ich mit Wolfgang verabredet, konnte ihn aber nicht erreichen. Erst als es seine Telefonnummer im November 2013 nicht mehr gab, fing ich an, ihn zu suchen. Niemand konnte etwas über den Verbleib von Wolfgang sagen und ich fragte bei allen Veranstaltern an, die Wolfgang kennen mussten. Erst durch eine E-Mail im Januar 2014 bekam ich Gewissheit über meine Vermutung. Wolfgang verließ uns im Sommer 2013, still und unbemerkt. Ich bin traurig, dass wir seinen Todestag nicht kennen und auch nicht den Ort seiner letzten Ruhe. In der „Laufzeit“ 2 / 2014 steht auf Seite 62 diese Nachricht.

In Stillem Gedenken
Sigrid Eichner












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2 Kommentare

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Nr. 1   Tammo Seemann schrieb am 06.03.2014 - 11:20 email

Schade, dass Wolgang gestorben ist. Ich war bis jetzt nur einmal am Prenzlauer Berg laufen am 21.12.2012 und habe Wolfgang dort erlebt. Er hat die Runden der Läufer stundenlang in eisiger Kälte gezahlt. Herzlichen Dank an Wolfgang und alle Helfer bei Marathons, die häufig die Läufe erst ermöglichen.

Nr. 2   Mario schrieb am 06.03.2014 - 14:05 email

Auch wir sind traurig, dass Wolfgang gegangen ist.

Im Mai 2008 fuhren Hiren, Doris und ich zur Pfingstserie nach Berlin.

Wolfgang zählte die Runden, hatte für jeden ein nettes Wort - egal ob Läufer oder Passant.

Im Anschluss weihte er mich in die Besonderheiten des Orientierungslaufs ein, bei dem er ebenfalls Kampfrichter war.

Wir wünschen ein letztes Mal "Guten Lauf".

Doris und Mario