Montag, 13.08.2012 | von: mw

Sigrid Eichner zum Ehrenmitglied ernannt

Auf der Mitgliederversammlung am 4. August in Dresden wurde Sigrid Eichner auf Vorschlag des Vorstandes einstimmig zum Ehrenmitglied ernannt.

Der erste und der zweite Vorsitzende nehmen die Ehrung vor.

Eine Laudatio von Hans-Joachim Meyer:

Sigrid Eichner kann auf eine einmalige Läuferinnen-Karriere zurückblicken.
Was mit dem Harzgebirgslauf im Oktober 1979 mehr im Stil einer Familienwanderung in Begleitung zweier ihrer Kinder begann, entwickelte sich doch ziemlich rasch zu einer anspruchsvollen Läuferinnenkarriere. Schon 1982 waren es 16 Starts bei Laufveranstaltungen, darunter bei 3 Marathons und 4 Ultras. 1984 kam der erste Hunderter und allmählich häuften sich die Altersklassensiege. Und gelegentlich wurde es auch ein Gesamtsieg - wie 1986 beim 7. Usedom-Marathon, bei dem sie mit 3:22:05 gleichzeitig ihre Marathon-Bestleistung aufstellte, oder 1985 bei ihrer ersten Budapest-Umrundung über 200 km.

1990 - gerade hatten sich die Grenzen geöffnet und Sigrid hatte ihre ersten Lauferfahrungen in Westdeutschland und im westlichen Ausland gesammelt - kam der erste schwere Rückschlag: Bei einem Autounfall konnte sie sich im allerletzten Moment aus dem brennenden Wagen befreien. Sie trug schwere Brandverletzungen u. a. am Kopf und an den Füßen davon.
Wenn auch die Wunden schlecht verheilten und die Narben Schmerzen verursachten, Sigrid ließ sich nicht kleinkriegen. Sie lief die Marathons wieder unter 4 Stunden und sie suchte neue Herausforderungen: Wien - Budapest, Genf - Basel, Basel - Bellinzona und der Mährische Ultra Marathon standen in den nächsten Jahren mehrfach auf ihrem Programm. Ein Altersklassen-Weltrekord und ein Weltrekord für Vereinsmannschaften fielen in diese Zeit.

Und dann entwickelte sich ein neues Problem: Schmerzen - zunächst im rechten Oberschenkel - und dann in beiden Beinen und Füßen behinderten Sigrid zunehmend beim Laufen. 1998 konnte sie einige Monate überhaupt nicht mehr laufen und danach nur noch unter erheblichen Schmerzen. Was zunächst wie ein Muskelproblem ausgesehen hatte, stellte sich schließlich als Schädigung der Nerven durch eine Wirbel-Verschiebung (Gleitwirbel) heraus.
Im Jahr 2000 kam dann eine große Rücken-OP. Aber die Schmerzen blieben.
Sigrid kämpfte weiter. Sie legte die Gehhilfen beiseite und begab sich wieder auf die Marathon-Strecke. Sie lief langsam, aber unglaublich ausdauernd. Und sie stellte sich wieder neuen Herausforderungen. Im November 2004 konnte die „100MC aktuell“ berichten:

Sigrid Eichner läuft aufgrund ihrer Behinderungen langsam, aber sie läuft ausdauernd. Beim „Transe Gaule“, der Frankreich-Durchquerung von Roscoff in der Bretagne bis Gruissan Plage am Mittelmeer, konnte sie an allen 18 Tagen das Zeitlimit einhalten. Sie erreichte damit nach 1166 km und 13 000 Höhenmetern als einzige Frau das Ziel.
Im Oktober stellte Sigrid Eichner ihr Durchhaltevermögen erneut unter Beweis. Wie auch Bernhard Sesterheim finishte sie beim „Grand Raid“, der 140 km langen Durchquerung der Insel La Réunion (8000 Hm).

2005 kam dann eine Leistung, die ihr kaum jemand zugetraut hatte. Sie finishte den 216 km langen Badwater Ultra im „Tal des Todes“ (USA).

Und es ging so weiter: Massive gesundheitliche Störungen und beispiellose sportliche Leistungen.
2006 und 2012 mussten gravierende Durchblutungsstörungen durch Operationen behoben werden.
2008 finishte Sigrid Eichner zwischen dem 3.8. und dem 24.9. hintereinander den Baltic Run (225 km, 5 Tage), den Transe Gaule (1150 km, 18 Tage) und den Deutschlandlauf (1204 km, 17 Tage). Sie wurde dafür von der Deutschen Ultramarathon Vereinigung zur Seniorensportlerin des Jahres gewählt.
  
       Bestleistungen:
10 km (Straße)           00:42:00       05.05.1985  Guben
Marathon                   03:22:05       20.04.1986  Wolgast - Swinoujscie
50 km                        04:22:12       08.04.1995  Rodenbach
100 km Straße:         09:27:29       25.09.1992  DM Rheine-Elte 
             Bahn:           09:57:36       13.04.1996  Usingen,   WR W55
6 Stunden                 58,762 km     02.03.1997  Stein
12 Stunden             100,347 km    17.08.1996  Geldrop
24 Stunden             195,127 km    18.05.1993  Basel,   WR für Clubmannschaften
24 Stunden             155,629 km    19.06.2010  Rockenhausen,   DR W70  
48 Stunden Straße: 279,321 km    17.07.1994  Köln
                   Halle:    235,923 km    23.03.2001  Brünn
6 Tage                     555,105 km    02.05.2004  New York

Sigrid ist nicht nur eine leistungsstarke Ausdauersportlerin, sie hat auch sehr viel für unseren Verein getan. Sie ist Gründungsmitglied und gehörte von 2002 bis 2010 zum Vorstand. Von 2004 bis 2010 war sie Statistikerin des Vereins. In aufwendiger Kleinarbeit hat sie daran gearbeitet, unsere Unterlagen zu aktualisieren und zu verbessern. Sigrid war und ist für unsere Vereinskleidung zuständig. Praktisch jedes gelbe Kleidungsstück, mit dem sich unsere Mitglieder in der Lauföffentlichkeit als 100MC-ler outen, ist durch ihre Hände gegangen. Sie organisiert für den Verein Laufveranstaltungen und sie leistet viel Zuarbeit für unsere Zeitung und unsere Homepage.
Durch ihre Bekanntheit und durch ihre häufige Präsenz bei Laufveranstaltungen ist sie immer wieder Ansprechpartnerin für Läuferinnen und Läufer, die die Arbeit unseres Vereins noch nicht kennen. Viele neue Mitglieder sind durch sie zu unserem Verein gekommen.


Im Anschluss an die Mitgliederversammlung bewältigte Sigrid beim Parkhauslauf ihren 1.000 reinen Marathonlauf. 




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