Mitte März hat mein Vater Geburtstag. Das Alter 70 hat Seltenheitswert in unserer Familie. Und daher jetten Micha und ich in dieser Woche nicht nach Rom zum Marathon, sondern fahren mit dem ICE von Berlin nach Osnabrück.
Ein Hotel brauchen wir nicht zu buchen, denn in Lotte im Osnabrücker Land wohnen Freunde von mir. Sie kennen mich noch aus Zeiten, in denen ich abends tanzen gegangen bin, statt früh morgens zu laufen. Sie verwandeln das Musikzimmer in eine Gäste-Suite und stellen uns sogar Waschmaschine und Trockner zur Verfügung. Denn wir nehmen den weiten Weg nicht nur auf uns, um Geburtstag zu feiern, sondern auch um zu laufen - natürlich! Und so reisen wir bereits am Mittwoch im Anschluss an die Arbeit einmal quer durchs Land und verbringen einen ersten geselligen Abend in Lotte.


Am nächsten Morgen fährt pünktlich um 7:30 Uhr eine graue Limousine vor. Micha und ich schwingen den Startbeugel über die Schulter und laufen aufgeregt zum Fahrzeug. Der Fahrer ist nicht irgendjemand, sondern Ultramarathonläufer Uwe Laig. Dann startet der Wagen. Die kurze Fahrt bringt uns nach Wallenhorst. Dort werden wir bereits vom Veranstalter erwartet: Gerd Junker, 2. Vorsitzender des 100 Marathon Clubs. Selbst wenn Micha und ich unsere Zähler addieren, überragt uns der Rentner bei weitem. Gerd geht auf die Tausend zu!


Als wir bereits im Januar Gerd mitgeteilt hatten, dass wir in seiner Gegend sein werden und zwei Tage Zeit zum Laufen haben, wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt. Gerd beriet sich mit Kamerad Uwe Laig und schon am selben Abend waren zwei Marathons in Wallenhorst und Hasbergen ausgeschrieben und in einschlägigen Kreisen dafür Werbung gemacht. Und nun, zwei Monate später, fuhr der Landkreis Osnabrück auf, was er zu bieten hatte. Fast ausschließlich aus dem 100 Marathon Club meldeten sich die Teilnehmer an. Volkmar Henke setzte sich mit seinen 79 Jahren an die Altersspitze. Gerd brillierte mit seinen knapp 1000 Zählern. Ingo Kloss kann bis zu 230 Marathons in einem Jahr laufen. Und selbst das Wetter war gut - kein Regen, kein Niesel und die angekündigte Matsche auf dem Waldbogen war nicht zu rutschig.


Auch wenn der Ruller Bruch Marathon an einem Donnerstag bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt irgendwo im Nord-Westen Osnabrücks stattfindet, so ist die Veranstaltung doch glamourös. Summiert man die bekannten Zähler der anwesenden Teilnehmer*innen aus der letzten 100MC Statistik, so kann sich dieser Marathon mehr als sehen lassen. Im Durchschnitt ist jeder der angemeldeten Läufer*innen etwa 460 (Ultra-)Marathons gelaufen.
Micha und ich drücken den Zählerdurchschnitt zwar ein wenig, senken aber auch den Altersdurchschnitt erheblich und streuen ein wenig Hauptstadtglanz über den Parkplatz, wo wir nach jeder der vier Runden zum "Tanken" zurückkommen.
 

Die Landschaft in Wallenhorst ist reizvoll. Man sieht sogar den Piesberg mit den drei Windrädern. Wir laufen entlang Felder und sehen Pferde, Hasen, Enten und diverse Vogelarten. Der Verkehr auf den schmalen Straßen ist gering. Und da einige Teilnehmer eine Runde in entgegengesetzter Richtung laufen, sehen sich alle mindestens einmal, selbst wenn sie zeitversetzt gestartet sind.

Und so im Gespräch mit Laufkameraden vertieft, geht der Marathon schnell vorbei. Im Ziel stehen wir noch eine Weile zusammen und verabschieden uns mit "Bis morgen!" - denn die coolsten sehen wir am Freitag in Hasbergen wieder.

Das Jubiläum von Uwe Laig im Ziel ist eine eigene Geschichte wert.