Gerd hatte mich gebeten, uns beide in Freiburg anzumelden, denn er wollte wissen, wie es bei ihm noch läuft mit dem Marathon. Mit 82 hat man da ja so nicht ganz unberechtigte Zweifel.
Ich willigte ein und so fuhren wir am Sonntag Morgen die 200 km von Stuttgart nach Freiburg.
Leider keine Spur von Frühling. Temperaturen um die 10°C, naßkalt und immer wieder starkrer Wind. So hatten wir uns das in Deutschlands wärmster Region nicht gewünscht, aber wir mussten da durch. Immerhin 55 Euro Startgebühren hatte der Spaß ja gekostet, wollte man sich zum Frühbucher Preis nicht bereits im Vorjahr schon anmelden. Finishermedaille und Streckenverpflegung sind dabei die hauptsächlichen Leistungen. Andere Veranstalter können das auch preiswerter. Aber man muss sich ja nicht anmelden. Nun gut. Als routinierter Läufer schaut man nach der Startzeit, die mit 11:10 Uhr angegeben wurde. Das gestattet eine gemütliche Anreise am Lauftag auch dann, wenn die Nacht aufgrund der Umstellung auf die Sommerzeit eine Stunde kürzer war.
Wir werden zum Startbereich geschleust und pünktlich um 11:10 Uhr geht es los. Leider aber nicht für uns, denn wir sind erst im dritten Startblock, der um 11:30 Uhr auf die Strecke geschickt wird. Stand sicherlich in der Starterinfo, aber wir Vielläufer vergleichen oft mit Vorjahren, als das noch ganz anders gehandhabt wurde. Früher gab es für die wenigen Marathonläuferinnen und -läufer keine Startblöcke, alle liefen gemeinsam los. So bei meiner letzten Teilnahme hier vor fünf Jahren.
Aber inzwischen starten die Halbmarathonläufer nicht mehr zeitversetzt, sondern gleichzeitig mit dem Marathon. Dann sind es tausende und Startblöcke machen Sinn.
So stehen wir halt, weil wir die Starterinfo nicht genau studiert hatten, noch weitere 20 Minuten bei kühler Witterung im Startbereich.
Dann geht es auch für uns endlich los. Ich spule meine Kilometer ab, so richtig Stimmung kommt bei mir aber irgendwie nicht auf. 42 Bands auf der Strecke sind angekündigt. Hieße also alle 500 Meter eine Band auf der Halbmarathonrunde. Diese sind auch durchnummeriert, aber sie reißen mich nicht mit, motivieren mich nicht. Auch die blühenden Bäume schaffen das nicht. Es ist heute nicht mein Tag, denn schon am Samstag hatte ich mich nicht wohl gefühlt. Also Augen zu und durch.
2:26 brauche ich für die erste Runde. Die Strecke fand ich eintöniger, als damals vor fünf Jahren, obwohl sie sicherlich zum Großteil mit der damaligen Strecke identisch war, wenngleich nun in umgekehrter Richtung gelaufen wurde, was mir irgendwie nicht so gefallen hat, mag aber subjektiv sein.
In Runde zwei sind die Teilnehmer des Halbmarathons nicht mehr dabei. Es gibt nur noch vereinzelte Marathonis und etwas mehr an Staffelteilnehmern. Die Kräfte schwinden und auf der einsamen Strecke - kaum noch Bands sind im Einsatz - beißt man sich irgendwie durch. Bis ca. km 33,5 geht das so, bis ich auf zwei junge Damen treffe, eine Kanadierin und eine Amerikanerin. Letztere wagt sich heute erstmals an die Marathondistanz und ihre Freundin begleitet sie auf der zweiten Runde. Sie hatte sich dafür für den Halbmarathon angemeldet. Ob und wie sie für den Halbmarathon gewertet wird, ist aber eher nebensächlich. Auf alle Fälle versprüht sie eine äußerst positive Stimmung, sprudelt nur so vor Temperament. Beide sind mit ihren Ehemännern auf der Ramstein Air Base in der Nähe von Kaiserslautern stationiert und zumindest die Kanadierin ist schon einige Jahre in Deutschland, so dass sie auch gut Deutsch spricht. So vergehen die letzten Kilometer sehr kurzweilig, auch wenn es dadurch ein paar Gehpausen gab, die ich allein evtl. nicht gemacht hätte. Die Zeit spielt aber zum Glück nicht immer die entscheidende Rolle bei einem Marathonlauf.
Zurück am Auto nach dem Zieleinlauf neben dem Parkplatz auf dem Messegelände sitzt Gerd bereits im Wagen. Es lief überhaupt nicht bei ihm, so dass er schon nach wenigen Kilometern ausgestiegen ist.
Na ja, er litt noch an einer Erkältung und wenn Du in diesem Alter nicht ganz fit bist, wird das nichts mit dem Marathon. Auch zum halben hat es heute nicht gereicht. Aber Gerd wird es wieder versuchen.
Viele Grüße
Michael