Am 21.05.2023 ist Neumitglied Uwe Wingerning beim "14. Außenalster Ultramarathon mit DREIFACH-JUBILÄUM: UWEs 100. ULTRA-/MARATHON, CHRISTINEs 1100. U-/MARATHON & CHRISTIANs 3200. U-/MARATHON am 21.05.2023 (Hamburg Special Marathons # 310) - Lauf 5 von 13" in Hamburg zum 100. Mal über die Distanz von mindestens 42,195 Kilometer gelaufen - ich korrigiere - gewandert.
Aus Uwes Statistik geht hervor, dass er kein normales 100MC Mitglied ist, sondern ein Besonderes. Freundlicherweise hat er sich bereiterklärt, uns seine Geschichte zu erzählen.
Von Uwe Wingerning:
"Wie ich zum Laufen kam:
Ich erspare mir die Vorgeschichte, denn diese würde den Rahmen sprengen und zu viele Fragen aufwerfen. Deswegen gibt es nachfolgend nur Fakten, Fakten, Fakten ...
Meine erste Pilgerreise zum Apostelgrab nach Santiago de Compostela begann im Winter 2013. Ich wusste es nicht anders, also flog ich mit dem Flugzeug nach Barcelona und von dort fuhr ich, nach zwei Tagen Sightseeing, mit dem Bus weiter zu meinem persönlichen Startort nach Pamplona. Obwohl die dortige Herberge "Casa Paderborn" unter deutscher Leitung noch nicht geöffnet war, wurde ich nicht abgewiesen, sondern bekam einen Schlafplatz und alles, was ich brauchte. Der Weg hält so manches an Überraschungen parat.
Nun konnte das Abenteuer beginnen!
Am kommenden Morgen wurden wir, zwei Italiener, zwei Amerikaner und ich, nach dem Frühstück mit den besten Wünschen für einen guten Weg, "Buen Camino", entlassen, aber nicht, bevor unsere Ausrüstung gewogen und für zu schwer befunden worden war. Mein Rucksack, ein 65+10 Liter Deuter Ladakh, wog ganze 17 kg und war mit allem gefüllt, wovon ich theoretisch annahm, dass ich es praktisch benötigen würde. Sechs Wochen in Spanien ...
Der Weg führte hinaus aus der navarresischen Hauptstadt und weiter ging es, durch knietiefen Schnee, bergauf zum Alto de Perdón. Immer wieder suchte ich nach einer Sitzmöglichkeit, hatte zu viel Gewicht auf dem Rücken und viel zu viel Gewicht auf den Rippen. Gestartet war ich mit 135 kg Lebendgewicht inklusive Knochen ...
Die erste Nacht auf dem Weg verbrachte ich in einem Kloster in Puente la Reina bei den "Padres Reparadores". Die heißen wirklich so, aber der Name war gleichzeitig Programm. Die Waschräume waren eine Baustelle und die Fenster standen offen. Ich ging mit den beiden Italienern zum Abendessen und wir verfolgten gespannt die Nachrichten im Fernsehen. Benedikt XVI. war überraschend als Papst zurückgetreten und die Wahlen waren in vollem Gange. Zurück in der Unterkunft stellten wir fest, dass die offenen Fenster nicht geschlossen werden konnten, es blieb also kalt ...
Nun kürze ich mal ein wenig ab.
Ein paar Tage später traf ich weitere Pilger in der Herberge von Ayegui. Mit zwei von ihnen trat ich die weitere Reise an: Carl aus Edmonton/Kanada und Greg aus Reno/Nevada. Carl und ich erreichten Ende März gemeinsam das Ziel, nämlich das eingangs erwähnte Apostelgrab in Santiago de Compostela. Wir hatten fünf Tage Dauerregen hinter uns und nichts war mehr trocken. Alles, was wir in unseren, eigentlich vor Regen geschützten, Rucksäcken trugen, war zumindest feucht. Auch nach drei Tagen im Hotel wurden meine Trekkingstiefel nicht richtig trocken. Ich schwor mir:
Das mache ich nie wieder!
Wer kennt es nicht? Jedenfalls war ich ein halbes Jahr später, Anfang Oktober 2013, erneut an der Stelle, wo ich meinen Schwur geleistet hatte. Versprochen ist versprochen ... Ich hatte mich wohl versprochen!?
Jedenfalls waren die Pfunde gepurzelt! Während der Rucksack im Februar noch 17 kg wog, war ich ganz stolz darauf, im August mit 14 kg starten zu können.
Im Februar wog ich selbst noch 135 kg, Anfang April schon nur noch 110 kg. Satte 25 kg hatte ich also auf der Tour verloren! Und als ich im Oktober 2013 heimkehrte, lag mein Körpergewicht, immer noch lebend inklusive Knochen, bei 92 kg. Minus 43 kg in acht Monaten!
Gut gegessen, auf nichts verzichtet und trotzdem Gewicht verloren, dieses Konzept gefiel mir!
Irgendwann im Winter 2018 ploppte Werbung auf dem Computer auf: 50 km in 12 Stunden! Die Challenge deines Lebens!
Und ich wurde zum Opfer und meldete mich an ...
Der Megamarsch Dresden 2018 war mein erster Zähler in der Statistik, die ich seitdem führe. Kein Lauftagebuch, sondern einfach nur Datum, Veranstalter, Name der Veranstaltung, Distanz und Zeit. Ich wusste nicht, wozu das gut sein sollte, aber ich blieb dran.
Nach dem ersten Marsch ging ich drei Tage als Körperdouble von John Wayne durch, jedenfalls vom Gangbild her. "The Duke" ging immer breitbeinig, als wäre er gerade nach einem langen Ritt durch die endlose Prairie vom Rücken seines treuen Pferdes gestiegen.
Naja, ich hatte Blut geleckt ...
Bis Dresden 2018 hatte ich innerhalb von nur fünf Jahren bis dato bereits 14 Pilgerreisen abgeschlossen und einiges gesehen und erlebt. Es folgten weitere Touren auf den verschiedenen Jakobswegen, aber auch zwei weitere Märsche, nämlich Bremen und Düsseldorf. Nach insgesamt sechs Pilgerreisen im Jahr 2018 fühlte ich mich fit und meinte, dass ich gut im Training wäre für den Megamarsch Sylt mit 100 km in 24 Stunden. Diesen absolvierte ich erfolgreich, hatte aber gleich zu Beginn eine folgenschwere Begegnung:
Nur wenige Kilometer nach dem Start an der Musikmuschel Westerland sprach mich jemand an und fragte mich: "Du bist doch dieser Uwe, der Pilger!?"
Im Verlauf des sich daraus ergebenen Gesprächs lud der "ältere Herr" mich zu seiner Veranstaltung "Sunrise to Sunset" rund um die Volksdorfer Teichwiesen ein. Damit legte Christian Hottas den Grundstein für meinen ersten Hunderter, den ich am Sonntag, den 21. Mai 2023, absolvierte.
Seit 2013 habe ich insgesamt 28 Pilgerreisen abgeschlossen, bis Oktober 2023 werden es sogar 30 sein!
Seit 2018 habe ich bisher 100 Zähler in meiner Marathonstatistik und es geht munter weiter!
Meine bisherigen Highlights:
Neben diversen Lokalmatadoren und Pokalen der Lokalmatador auf Sylt! In Westerland ging ich 2018 das erste Mal bei einem Hunderter an den Start, 2022 hängte ich mit der Medaille für den Lokalmatador ebenda die 100er an den Nagel.
Der 4Daagse Nijmegen im vergangenen Jahr! 4x 50 km! Und in diesem Jahr folgt die Wiederholung ...
Fehmarn Rund Ultra-Marathon mit 75 km in 13:59 Stunden für alle Finisher! Wir starteten in zwei Gruppen, die Marschierer und die Läufer. Trafen uns auf der Zielgeraden und marschierten gemeinsam ins Ziel! Das war für mich eine sehr schöne Erfahrung des Zusammenhalts!
Verschiedene Doppeldecker-Wochenenden, Dreier-, Vierer-, Oster- und Weihnachtsserien.
Und natürlich immer wieder die Gemeinschaft mit den verehrten und geschätzten Laufbuddys. Lange Wochenenden mit Sightseeing, gemeinsames Abendessen und Frühstück, das Teilen der Unterkunft, gemeinsame Anreise per Bahn oder Auto...
Jeder Lauf ist ein kleines bisschen Camino!
Ein großer Dank geht an alle Wegbegleiter, denn ohne die Gespräche, oder auch das gemeinsame Schweigen, ist es anders. Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude."
Lieber Uwe, der 100 Marathon Club gratuliert dir zu deinem 100. (Ultra-)Marathon und heißt dich im Club herzlich willkommen.