Die unzureichende Streckenmarkierung bzw. fehlende Streckenposten in Kamerun machten eine Alternative erforderlich: Plan B! So buchten wir mit nur 2,5 Wochen Vorlauf die Reise zum self-made-Marathon von Jürgen Sinthofen in Peking. Mit ihm liefen wir bereits in Albanien (2015), San Marino (2016), Gibraltar (2017) sowie Aserbaidschan und Armenien (2018). Der Gute sammelt nach seinen eigenen Kriterien, u.a. die Gastgeberstädte olympischer Sommerspiele. Peking fehlte ihm noch und so kam es zum Peking-Park-Marathon in China.
Bereits in Amsterdam trafen wir Jürgen und seinen Laufkumpel Ron und flogen mit ihnen zusammen nach Peking.
Unser lokaler Kontakt war Thomas, wie Jürgen früher beschäftigt bei einer großen deutschen Elektrofirma und jetzt in Peking ansässig. Thomas suchte uns ein strategisch gelegenes Hotel, das sowohl gut mit dem Flughafenshuttle erreichbar, als auch nur von 10 Minuten mit dem Taxi vom Start des Marathons entfernt war. Abends stieß Anton aus Österreich zur Gruppe. Thomas machte mit unserer 5er-Bande Führungen durch die nähere Hotelumgebung und das Diplomatenviertel, zeigte uns Restaurants und Läden für die Dinge des täglichen (Reise-)Lebens. Am Tag vor dem Marathon standen Ausflüge auf den Platz des Himmlischen Friedens und in die Verbotene Stadt und am Tag danach auf die Große Mauer (an einen touristisch nicht überlaufenen Abschnitt), zum Sommerpalast und zum Vogelnest, dem Stadion der Olympischen Sommerspiele 2008 auf dem Programm. Alles ganz hervorragend organisiert und durchgeführt: vielen Dank Thomas.
Am Samstagmorgen stieß Giuseppe aus Frankfurt dazu, der siebte Marathonteilnehmer. Im Park wartete Thomas bereits mit seiner Frau und Sohn, die während der ersten 6 Runden auf unsere Kleidung, Ausrüstung und Verpflegung aufpassten und die Runden zählten. Später wurden sie von Tante und Cousine abgelöst. Ebenfalls perfekt organisiert. Der Park war auto-, fahrrad- und hunde(!)frei, so dass bis auf die anfangs vielen anderen Sportler und Fußgänger sehr gutes Laufen war. Die Läufer haben eine rot markierte Extraspur, die sie von den Spaziergängern und den wenigen Fahrzeugen der Parkaufsicht und der Gärtner trennt. Alle Wege waren in perfektem Zustand und der Park komplett sauber. Die Toilettenhäuschen in sehr gutem Zustand und an den Wegen waren Kioske und Getränkeautomaten – alles, was man zum Laufen braucht. Unsere Start- und Zielpunkt lag gegenüber von einem Laufladen, so dass man im Notfall sogar noch Ersatzschuhe hätte kaufen können. PERFEKT!
Nach einem kurzen Auftaktstück ging es auf die erste Runde, die zum Kennenlernen größtenteils gemeinsam gelaufen wurde. Die nächste Runde dann in entgegengesetzter Richtung, so dass wir uns gegenseitig sehen und grüßen konnten, insgesamt 8 Runden. Doris und ich liefen die ganze Zeit gemeinsam, das Wetter war heiter bis sonnig und mit 10 bis 12°C sehr angenehm. Lange rumstehen an der Verpflegung bzw. im Schatten gehen, war aber nicht angesagt, dann wurde es doch etwas frisch. Also liefen wir die ganze Zeit durch, mal mit den örtlichen Läufern in gleicher Richtung, mal entgegengesetzt. Einmal wurde ich von einem Deutschen angesprochen, der etwas ungläubig fragte, ob mein T-Shirt-Aufdruck „1000 Marathon“ bedeutet, dass ich schon 1.000 Marathons gelaufen bin. Noch erstaunter war er, als ich ihm sagte, dass wir gerade einen Marathon in Peking laufen würden. Als ich ihm dann noch den Grund der Reise, Doris‘ 99. Marathonland, nannte und Doris vorstellte, staunte er, verabschiedete sich und ging beeindruckt nach Hause (oder war ihm bei diesen Zahlen schwindelig geworden?). Am frühen Nachmittag und knapp 6 Stunden Laufzeit erreichten wir das Ziel, zogen uns um und fuhren zurück ins Hotel.
Hier machte Jürgen später die Siegerehrung mit Medaillenübergabe und jeder bekam sein Erinnerungslaufhemd, die hatte Thomas in China (wo sonst?) produzieren lassen. Abends gab’s Peking-Ente beim Chinesen (hahaha!), am Tisch geschnitten und nach den Aussagen der Fleischessenden sehr schmackhaft. Den Sonntagsausflug hatte ich bereits beschrieben, wobei zu erwähnen ist, dass wir an den beiden Tagen nach dem Marathon auch die warmen chinesischen Speisen des Frühstücksbuffets probierten – ebenfalls sehr lecker. Am Montagmorgen ging‘s zu Fuß zur U-Bahnstation und von dort mit der Expresslinie zum Flughafen – alles sehr pünktlich, vollkommen problemlos (wie das Lösen der Fahrkarten oder Orientierung) und vollkommen sauber. Wie sagte Thomas bereits vorab: fahrt mit der Bahn und erlebt eine sehr gut funktionierende Verkehrsinfrastruktur. Diese Aussage können wir voll bestätigen. Möglich wurde diese kurzfristige Reiseplanung übrigens nur, weil man seit Mitte März visumfrei nach China einreisen kann. Seinen Reisepass braucht man jedoch nicht nur bei Ein- und Ausreise, sondern teilweise auch beim Zugang zu den Sehenswürdigkeiten, für die fast immer eine Eintrittskarte erforderlich ist, manchmal jedoch für Ü60 rabattiert oder sogar kostenlos. Die Tickets bucht man sinnvollerweise vorher und sehr häufig wird man auf Metallgegenstände kontrolliert, auch beim Betreten der U-Bahn-Bereiche. Wir sind immer noch positiv beeindruckt von Peking, China und dankbar für Thomas‘ und Jürgens exzellente Reiseorganisation.
Dort sackte Doris ihn also ein, ihren 99. Länderpunkt … und das 100. Land ist schon anvisiert.

PS: nur für die Statistiker: China war mein 103. Marathonland.

PPS: auf dem Rückflug habe ich endlich Wigald Bonings Buch "Lauf, Wigald, Lauf" über seine 52 Marathonläufe innerhalb eines Kalenderjahres zu Ende gelesen. Dort erwähnt er u.a. die Marathons an den Teichwiesen und im alten Elbtunnel, Biel, das Ziel-60-Spiel und den Transeuropalauf 2003.